1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
248
Das Britische Inselreich.
eine neuzeitliche Industrie in grossartigstem Massstabe
zu schaffen, die die Aufgabe hat, die aus den Kolonieen bezogenen
Rohstoffe zu veredeln und die Waren für den Welthandel bereit
zu stellen.
13. Kultureigentümlichkeiten und Volksleben.
Dem englischen Volke haften viele Kultureigentümlich-
keiten, die aus der langen Absonderung des Inselvolkes
hervorgingen, an. Die paar Jahrhunderte eines innigem Verkehrs
mit andern Völkern haben noch nicht hingereicht, dieselben zu
verwischen. Hierzu trug nicht wenig auch die Rolle des Siegers
und Gebieters bei, die England den meisten Völkern gegenüber
spielen konnte. In letzter Zeit kann man aber bemerken, wie sich
manche fremdländische Einrichtungen stärker zu verbreiten beginnen.
Durch Eigenart zeichnet sich besonders das englische
Haus und das in ihm sich abspielende häusliche Leben aus.
Ursprünglich hat das alte angelsächsische Haus jedenfalls grosse
Ähnlichkeit oder völlige Übereinstimmung mit dem sächsischen
Hause, wie wir es heute noch in Teilen von Westfalen und Hannover
antreffen, gehabt (vgl. I. Bd.). Die Sitte des Alleinwohnens,
ohne nahe Nachbarn und vor allem ohne andere Insassen des Hauses,
bildete sich in der neuen Heimat noch viel stärker aus. Für den
heutigen Engländer, gleichviel ob reich oder arm, ist es ein unbe-
dingtes Bedürfnis. Dies musste zur Folge haben, dass die Häuser,
selbst in den Städten, klein und schmucklos blieben. Nur in
einigen Grossstädten trifft man heute auch hohe Mietshäuser an.
Die einfache Bauart der englischen Wohnhäuser hat sehr häufig
auch noch eine andere Ursache. Der Grund und Boden, auf dem
die Städte stehen, gehört vielfach einem Eigentümer, der die ein-
zelnen Grundstücke nicht verkauft, sondern nur die Bauerlaubnis
erteilt. Nach meist 99 Jahren gehen auch die Gebäude in seinen
Besitz über. So fehlt jeder Ansporn, die Wohnhäuser nach aussen
schmuckvoll zu gestalten. Sie .sind einfache Ziegelrohbauten mit
einem flachen Dach, deren ursprünglich graugelbliche Farbe in den
Fabrikstädten durch den Steinkohlenqualm bald schmutziggrau wird.
Gesims, Thüren und Fenster sind in der Regel ohne jeglichen
Schmuck. Die Bürgerhäuser der grössern Städte haben alle noch
ein unterirdisches Geschoss, dem ein vor dem Hause befindlicher
Schacht Luft und Licht zuführt. In diesem Geschoss liegen die
Küche, die Wirtschaftsräume und die Wohngelasse für die Dienst-
boten, die mit der Familie sehr wenig in Berührung kommen.
Viel Gewicht wird auf die wohnliche Einrichtung des Hauses
gelegt. Namentlich das englische Landhaus ist ein behag-
liches Heim, auf das der Engländer, der die Natur leidenschaft-
lich liebt, die grösste Sorgfalt verwendet. Es liegt meist in
anmutiger Landschaft, von einem hübschen Garten umgeben. So