1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Das Russische und Rumänische Tiefland.
Das untere Wolgabecken. Das mittlere Wolgabecken er-
reicht sein Ende an der grossen Wolgaschlinge von Samara.
Hier umfliesst der Strom eine 90 km weit nach 0 in das Tiefland
auf seiner linken Seite vorgeschobene Gebirgszunge, die Jeguli-
Höhen, deren fast wagerecht abschneidende Oberfläche etwa 200 m
hoch liegt. Dieselben bauen sich wieder aus den altern Gesteins-
schichten des Perm und der Perm-Trias auf, die auf der Nord-
seite des Gebirgswalles durch eine scharfe Verwerfungslinie
aus den Kreide- und noch jüngern Schichten herausgehoben
wurden, nach W und S aber wieder allmählich unter diese tauchen.
Auch südlich von der Schlinge von Samara bleibt das rechte
Itfer der Wolga noch eine lange Strecke hoch und steil, und
Tafelberge tauchen über ihm hervor, die bis 350 m Höhe erreichen.
Das linke Ufer ist dagegen beständig flach und niedrig. Ein
vom Ural auslaufender Höhenzug, Obtschei-Syrt genannt, ver-
flacht sich, ehe er den Strom erreicht. Bis Zarizyn hält die Wolga,
von Samara ab, eine südwestliche Richtung ein. Dann biegt
sie unter scharfem Knie nach So um, indem sie gleich in der
niedrig gelegenen, früher vom Meer überfluteten und daher stellen-
weise salzigen Steppenlandschaft ihr Delta beginnt. Sie teilt
sich in die eigentliche Wolga und in die Achtuba, die sich östlich
abgliedert. An der Mündung ist das Delta 110 km breit. Zwischen
Schlamminseln trägt der kaum fliessende, seiner Krait fast ganz
beraubte Riesenstrom seine schlammigen Wasser dem Kaspischen
Meere zu. Seine bedeutende Breite, die bei Sarátow auf 2—5
km angewachsen war, nimmt nach der Gabelung wieder ab; sie
wechselt beim Hauptarm zwischen 750 und 2000 m.
b. Das Kulturbild.
Infolge seiner langen Erstreckung von N nach S, durch 12
Breitengrade hindurch, hat das Wolgabecken sehr ungleiche
klimatische Verhältnisse, und ebenso verschieden wie sich
unter deren Einfluss das Pflanzenleben entwickelte, ist auch das
Kulturbild, das der Mensch an den Ufern der Wolga und ihrer
Nebenflüsse geschaffen hat. Diese Verschiedenheit wird in zweiter
Linie durch die Bodenbeschaffenheit bedingt, die für die nähere
Abgrenzung der Kulturzonen noch wichtiger als das Klima ist.
Wir können von N nach S drei Klima-, Boden- und Anbau-
oder Kulturzonen unterscheiden, die mit den drei Becken, in
die wir das Wolgabecken einteilten, nicht genau, aber doch im
allgemeinen zusammenfallen.
Das obere Wolgabecken liegt noch im früheren Verglet-
scherungsgebiete Nordrusslands, sein Klima ist mässig und
regenreich. Die Wälder spielen in dem Landschaftsbilde und
ebenso im Haushalte der Bewohner eine grosse Rolle. Sie liefern
das Holz zur Heizung und zum Bau der Wohnungen und ferner