1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das Pindusgebiet.
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Die Folgen der langen Bedrückung sind an der Bevölkerung deutlich zu
erkennen. Die Leute sind schwächlich und unschön, geistig und körperlich her-
abgekommen. Der Reisende atmet, wie Philippson schreibt, erleichtert auf,
wenn er die Grenzen des Gebiets der Tziflikia verlässt und wieder den freien
und kräftigen Bewohnern der Berge begegnet. Eine Besserung des wirtschaft-
lichen Elends in Thessalien ist unter den jetzigen Besitzverhältnissen, die leider
Griechenland bei der Übernahme des Landes vor 2q Jahren unangetastet liess,
kaum zu erwarten. In neuester Zeit sind jedoch einige Grundbesitzer ernstlich
bestrebt, die Lebenslage ihrer Pächter zu verbessern.
Die wichtigsten Getreidearten Thessaliens sind Weizen,
Gerste und Mais. Von Bedeutung- ist der Tabakbau, der eine
vorzügliche Ware liefert. Auch etwas Baumwolle wird ge-
zogen, und an den Gebirgsrändern, wo die Holzgewächse wieder
besser gedeihen, beschäftigen sich manche Bewohner mit der
Seidenraupenzucht. Oliven und Südfrüchte gedeihen nur in
den Küsten gegenden, besonders am Busen von Volo, während das
Peliongebirge eine Fülle von vielerlei Obst liefert.
Die Viehzucht hat sich in Thessalien noch in einer alter-
tümlichen, eigenartigen Form erhalten. Die sesshafte
bäuerliche Bevölkerung hält nur wenig Vieh, weil sie nach der
Ernte über die Ländereien nicht mehr verfügen und dieselben
nicht zur Weide benutzen kann. Dann steigen nomadisierende
Hirtenvölker von den Bergen herab, um ihre Herden in der
Ebene grasen zu lassen. Sie zahlen den Grundherren hierfür einen
Zins. Die Einrichtung hängt also wieder mit der Tziflikia-Wirt-
schaft zusammen. Infolge des Hinzukommens der Hirtenbevölke-
rung haben die meisten Orte im Winter eine höhere Bevölkerungs-
ziffer. In der Stadt Trikkala steigt sie um 6000. Die Hirtenvölker
sind teils Halb-, teils Ganznomaden. Jene wohnen im Sommer
in Gebirgsdörfern, diese sind stets auf Wanderschaft.
Attika und die östlichen Inseln. Auf der vom Meere
fast ganz abgeschnürten Landschaft Attika, auf der grossen
Insel Euböa und dem Schwärm der kleinern Inseln, die aus
dem Meere auftauchen, den Nördlichen Sp orad en und den
Kykladen, gestattete ein mildes Klima den Bewohnern, sich
auf den Weinbau, Olivenbau und Obstbau zu verlegen. Der
Weinbau könnte eine noch viel grössere Bedeutung erlangen,
wenn die Behandlung des Weinstockes und der Trauben eine
bessere wäre. Der grösste Teil des geernteten Weines wird von
den Bewohnern selbst getrunken. Doch ist es schon einigen Inseln,
wie Santorin, gelungen, die Ausfuhr von Wein zur fast
alleinigen Erwerbsquelle zu machen. Auch der Olivenbau würde
bei einer bessern Behandlung des Öles einen höheren Gewinn ab-
werfen. Von den verschiedenen Arten der angebauten Südfrüchte
und Obstbäume ist am wichtigsten die Feige, die besonders auf
den Inseln viel angebaut wird. Grosse Bedeutung hat der Fisch-
fang, dem sich günstige Fanggebiete darbieten. Auch die Schwamm-
lischerei wird in dem inselreichen Meere viel betrieben.