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1. Die Landschaften Europas - S. 392

1900 - Trier : Lintz
392 Die Balkanhalbinsel. Thäler wie aus einem Versteck auf. Häufiger ist ihr Anblick in Bulgarien. Die Türken haben die Klöster auf ihren Kriegszügen meistens in heiliger Scheu verschont, und nur in seltenen Fällen wurden die Klosterfelder von ihren Rossen zerstampft. So können die Klosterräume noch von frühern Jahrhunderten erzählen, und das Volk schätzt sie als die Hüter des Glaubens und der Erinne- rungen der'väter. Das bulgarische Volksleben hat zu den Klöstern noch heute innige Beziehungen, und kommt der Namenstag des Schutzheiligen, so strömt die Menge von weit und breit zusammen, und alle bringen Gaben. Eine Art Jahrmarktsleben entwickelt sich um die stillen Räume des Klosters. Die Burschen und Mädchen tanzen den H o r o, den volkstümlichen Reigentanz, und Zigeuner spielen dabei mit dem Dudelsack oder der Geige auf. Auch sonst können sich die Mönche über die Bauern nicht beklagen. Meistens helfen diese gern bei der Bestellung der Felder. Dafür ist das Kloster auch eine gastliche Stätte. Ein einfaches Nachtlager wird jedem gewährt, der an der Klosterthür anklopft. Als Speise wird ihm ein Huhn, mit Paprika und Zwiebeln gekocht, und ein Stück Schwarzbrot vorgesetzt, und ein Gläschen Traubenbranntwein würzt das Mahl. Zuweilen wird sogar ein Lämmchen zu Ehren des Gastes ge- schlachtet. In der Fastenzeit jedoch muss man sich mit Oliven und in Wasser gekochten Bohnen zufrieden stellen. Als Zahlung wird eine kleine Opfergabe angenommen. Die Klostergebäude sind meistens aus Holz gezimmert. In dem fest gemauerten Kirchlein hängt meistens keine Glocke. Die Türken erlaubten deren Gebrauch nicht. Ihre Stelle vertritt ein langes Eichenbrett, das neben dem Kirchlein an einem Baume hängt, oder auch eine Eisenstange. Mit einem oder zwei Schlägeln wird ein weithin schallender Lärm gemacht, der die Gläu- bigen zum Gottesdienste ruft. Von Bulgarien schweifen wir hinüber nach Konstantinopel, wo in den blauen Fluten des Goldenen Horn sich die schlanken Minarets der türkischen Moscheen spiegeln. Vom Islam und seinen Gebräuchen, wie sie die Satzungen des Koran vorschreiben, wollen wir etwas sehen und erfahren. Die m olía- me danisch en Frauen dürfen sich nur verschleiert auf der Strasse zeigen. Bei den Mahlzeiten ist strenge Scheidung der Geschlechter vorgeschrieben. Diese Vorschrift schneidet tief in das Familien- und gesellige Leben ein. Selbst bei Festen darf keine Ausnahme gemacht werden, nicht einmal während des Fasten- monats Ramasan, wo jeder vornehme Moslem am Abend offenes Haus hält und seine Freunde einladet. Iftar, der Bruch des Fastens, heisst die grosse Mahlzeit, die abends gereicht wird, sobald mit dem Sonnenuntergang der neue Tag begonnen hat. Am Tage aber muss gefastet werden. Die Vorschrift des Propheten lautet: „Den Monat Ramasan, in dem der Koran offenbart wurde, als Leitung für den Menschen und deutliche Lehre des Guten, sollt ihr fasten . . . Begehrt, was Gott euch erlaubt, esset und trinket, bis man beim Morgenstrahl einen weissen Faden von einem schwarzen unterscheiden kann. Dann aber haltet Fasten bis zur Nacht, ziehet euch ins Bethaus zurück." Die sechste Nachmittagsstunde ist bald zu Ende, und die Sonne neigt sich zur Erde. Immer schärfer treten die Umrisse der Paläste, Moscheen und Minarets auf dem Hügelabhang, auf dem Stambul liegt, hervor und geben der Stadt ihr eigenartiges Gepräge. Sehnsüchtig blicken die Gläubigen zum Himmel; denn bald schlägt die Erlösungsstunde vom Fasten. Plötzlich ertönt dumpfer Kanonendonner: der neue Tag ist angebrochen! Mit lauter Stimme rufen die Muezins von den zierlichen Galerien der wie Nadeln
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