1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Kultureigentümlichkeiten und Volksleben.
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aufsteigenden weissen Minarets herab zum Gebet. In Scharen strömen die
Gläubigen zu den Moscheen, um sich der frommen Pflicht zu entledigen und
sich dann wieder den Genüssen des Lebens hinzugeben.
Von Konstantinopel wandern wir zum Griechenvolk. Wir
treffen es in Athen in einer freudigen, festlichen Bewegung. Die
Olympischen Spiele, die im Altertum ein einigendes Band um
die politisch so zersplitterten Stämme der Griechen geschlungen
hatten, werden zum ersten Male nach vielen Jahrhunderten wieder
festlich begangen. Keine andere Einrichtung hatte einst im -Grie-
chenvolk so fest gewurzelt als die Leibesübungen. Ihnen ver-
dankte es nicht zum wenigsten seine frühe und rasche Entwicklung.
Schon zu den Zeiten, wo die homerischen Dichtungen entstanden
sind, war die Gymnastik hoch entwickelt; denn diese enthalten
Schilderungen, die nur nach herrlichen Vorbildern männlicher Kraft
und Gewandtheit entworfen sein können. Sie erreichte ihre Haupt-
blüte aber nach den siegreichen Perserkriegen, als die Olym-
pischen Spiele eingerichtet wurden. Aus ganz Griechenland
fanden sich die hervorragendsten Lehrer der Gymnastik mit
ihren tüchtigsten Schülern auf ihnen ein. Es war ein einfacher
Ruhmespreis, nämlich ein Ölzweig, um den im sog. Fünfkampf,
der im Springen, Wettlaufen, Diskuswerfen, Speerwerfen und Ringen
bestand, gestritten wurde. Wer mit dem Ölzweig, den ein Knabe,
dessen Eltern noch lebten, mit einem goldenen Messer abgeschnitten
hatte, als Sieger die Stirn bekränzen durfte, war reich an Ehren.
Der Heldengeist jener Wett kämpfe soll noch einmal im
Griechenvolke aufleben. Wieder lacht der blaue Himmel über den Olym-
pisch e n S pi e 1 e n. In der Nähe von Athen ist der Kampfplatz, das Stadion,
für sie hergerichtet. In Scharen sind die Griechen herbeigeströmt. Auch andere
Nationen nehmen an den Wettkämpfen teil. Wohl 50000 Menschen haben im
Stadion Platz genommen. Denn für heute ist der 40 km lange Wettlau f von
Marathon nach Athen angesetzt. In höchster Aufregung erwartet die
Menge den Sieger. Ein Grieche soll Erster sein. Reiter haben die Nachricht
gebracht. Plötzlich jauchzt draussen das Volk auf, es schwenkt mit Tüchern
und Hüten, und eiligen Laufes stürzt durch den Eingang eine weisse Gestalt.
Von tosendem Beifall wird der Läufer empfangen. Er nähert sich der Königs-
loge. Die königlichen Prinzen und die Schiedsrichter laufen in gleichem Tempo
neben ihm. Tief verbeugt er sich vor dem Königspaare, und wieder braust der
Jubel durch die Piennbahn. Denn es ist wirklich ein Grieche, ein Bauer aus
Amrussi, der den Sieg errungen und die übrigen 17 Mitläufer geschlagen hat.