1909 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August, Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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künftigen Bestimmung entsprechend geformt. Eisenbahnschienen, Wagen-
achsen, Radreifen, eiserne Träger, Schiffspanzer, Kanonen, Dampfkessel
und allerlei Maschin enteile entstehen, die einen weit höheren Wert als
das dem Hochofen entflossene Roheisen darstellen. So schafft die
Eisenindustrie Werte, vermehrt des Landes und des Volkes
Güter und giebt Tausenden von Arbeitern und Werkführern lohnenden
Verdienst. Neue Fabriken entstehen, und neue Schareu vou Arbeitern
finden in ihnen Beschäftigung. So bevölkerte sich das Land, so
wuchsen die Städte. Hauptsitze der Großeisenindustrie sind heute
die Städte Essen, wo die große Kruppsche Fabrik entstand, Oder-
hausen (42 000 Entw.), Ruhrort und Meiderich (40000 Eimv.),
wo die Anlagen der Gewerkschaft Deutscher Kaiser, des .Phönix
und die R heinischen Stah lw er £ e erwuchsen, ferner Mülheim a. d. Ruhr
und Duisburg. Düsseldorf reiht sich ihnen an. Ferner sind Sitze der
Kleineisenindustrie von alters her die Städte Solingen und Remscheid.
Krupp, der Kanonenkönig.
Die Fabriken Krupps, des Kanonenkönigs, sind aus kleinen
Anfängen hervorgewachsen. Der erste Gründer des Werkes war
Friedrich Krupp, der Großvater des jetzigen Besitzers. Er errichtete
.1810 in Essen eine kleine Gußstahlfabrik, die aber lange Zeit ganz
unbedeutend blieb. Erst der Sohn des Gründers, Alfred Krupp,
brachte sie iu die Höhe. Er begründete ihren Weltruf ^besonders
1)urch seine Gußstahlkauouen. Staunend stand man vor dem 50000 kg
schweren Riesengeschütz, das er 1867 auf der Pariser Weltausstellung
zur Schau gestellt hatte. Eiu ähnliches Aufsehen erregte 1880 auf der
Düsseldorfer Gewerbeausstellung ein anderes Riesengeschütz, das sogar
ein Gewicht von 72000 kg hatte. Die nachfolgenden Ausstellungen,
besonders die Ehrkagoer Weltausstellung vom Jahre 1893 und die
letzte Weltausstellung in Paris vom Jahre 1900 brachten der Fabrik,
die außer Kanonen auch fast alle andern Erzeugnisse der Großeisen-
industrie zu liefern vermag, neue Triumphe. Wohl die meisten Staaten
auf Erden haben ihre Armeen mit Kruppschen Kanonen ausgerüstet.
Mit ihren etwa 27 000 Arbeitern, die in den verschiedenen Fabrik-
anlagen und mit den weitern 13000 Arbeitern, die iu den Kruppschen
Bergwerken, Eisenhütten u. s. w. thätig sind, bildet die Kruppsche Fabrik
eins der größten, wenn nicht das größte Fabrikunternehmen der
Welt. Auch in andern Städten Deutschlands hat Krupp Fabriken
angelegt oder erworben, und in Kiel ist die angekaufte Schiffswerft
Germania in großartiger Erweiterung begriffen. Bei Meppen in
der Provinz Hannover besitzt Krupp einen großen Schießplatz, auf
dem die weittragenden Geschütze eingeschossen werden, während für die
Geschütze, die keine so weite Flugbahn haben, ein in der Nähe gelegener
Schießplatz zur Verfügung steht. Bis Ende 1899 hatte Krupp
38500 Kanonen abgeliefert.
Die Hauptfabrik .zu Essen bildet gleichsam eine Stadt für
sich, in der durch Bau von Wohnungen und durch die Einrichtung von