1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August, Techter, W.
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Walde fließt die Nieste der Fulda zu. Das mit herrlichen Wal-
düngen bedeckte Gebirge hat bei Oberkaufungen Braunkohlenlager.
Ii) Meißner. Östlich vom Lichtenauer Hochlande erhebt sich
jenseit einer Thalmulde, welche von der Wehre durchflössen wird,
der Meißner, der „König der hessischen Berge". Nach Norden
und Osten hin sällt er zum Werrathal ab; im Westen begrenzt ihn
die Gelster, und nach Süden hin wird er von der Wehre umgürtet.
Seine Hauptmasse liegt etwa 10 km von der Werra entfernt und
bildet ein nach allen Seiten schroff abfallendes Plateau. Ein nörd-
licher Ausläufer begleitet die Gelster bis in die Nähe von Witzen-
hausen; ein südlicher zieht als ein zusammenhängender Gebirgskamm
längs der Wehre bis zur Mündung der Sonter. Das Plateau auf
der Hauptmasse des Bergss liegt 750 m hoch. Es ist von Süden
nach Norden etwa 4 kru lang und von Osten nach Westen sast
2 km breit. Die Wälder an den Abhängen des Berges reichen nur
an einzelnen Stellen bis ans die Hochfläche hinauf; diese ist zum
Teil mit Gras bewachsen. Der Boden des Plateaus ist an vielen
Plätzen moorig, da infolge seiner geringen Neigung nach den Rändern
hin die Niederschläge nur wenig abfließen. Der höchste Punkt des
Meißners, die Cassel er Kuppe, erhebt sich nicht viel über die
Hochfläche. Von der Kuppe aus und von einigen vorspringenden
Punkten am Rande des Plateaus hat man eine großartige Fernsicht
bis zu den Höhen des Harzes, des Thüringer Waldes, der Rhön
und des Vogelsberges. Als Aussichtspunkte sind besonders bekannt
das Lusthäuschen, ein von einer 60 m hohen Felswand gebildeter
Vorsprung des Ostrandes, und die Kalbe, die höchste Stelle der
mit riesigen Basaltblöcken übersäten Südostecke des Plateaus. Ties
unten im Meißner lagert Buntsandstein; über demselben befinden
sich außer Thon- und Sandschichten starke Braunkohlenlager, und
als Decke ist über die ganze Fläche Basalt ausgebreitet. Zum Ab-
bau der Kohlenflöze hat man mehrere Stollen in den Berg getrieben;
ihre Mündungen liegen etwa 100 m unter dem Plateau. Als der
Friedrichsstolleu angelegt wurde, stieß man auf einen alten Ernptions-
kanal von 100 m Durchmesser. Jedenfalls ist er ein Schlot, in
welchem die feurig-flüssige Masse aus dem Erdinnern emporstieg,
und aus dem sie sich über das Plateau ergoß. — Das Klima auf
dem Meißner ist rauher als auf den umliegenden Höhen. Schon
früh im Herbste wird der Berg mit einer Schneedecke überkleidet,
die er oft bis spät in den Frühling hinein behält. Daher nennen
die Umwohner den Meißner noch heute mit seinem alten und eigentlich
richtigen Namen „Weißner" oder „Wißner". An den Berghängen
wachsen viele seltene Pflanzen, während die Vegetation auf der Hoch-
fläche dürftig ist. Hoch oben am Ostabhange des Berges liegt
der kleine Ort Schwalbenthal, der seiner herrlichen Lage
wegen im Sommer viel besucht wird.
Manche Örtlichkeiten am Meißner deuten darauf hin, daß hier
in heidnischer Zeit die Göttin Hulda (Frau Holle) verehrt wurde.
An der Ostseite des Berges zwischen der Kalbe und dem Lusthäuschen