1914 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August, Techter, W.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Darum haben die oberen Teile des Taunus, des Westerwaldes, des
Vogelsberges, des Spessarts und besonders der Rhön geringere Wärme,
aber viel mehr Niederschläge (namentlich Schnee) als die umliegenden
Gegenden.
Die Richtung der Gebirgszüge ist von großem Einfluß
für die Besonnung ihrer Abhänge und für die Windbewegnngen.
Während die Südseite der in ostwestlicher Richtung streichenden
Gebirge stark erwärmt wird, treffe» die Sonnenstrahlen die Nord-
seite derselbe in einem kleinen Winkel und können deshalb auch nur
eine geringe Wirkung haben. Daraus erklärt sich der Umstand,
daß im Rheingau, im Wisper-, Lahn- und Kinzigtale fast ausschließ-
lich die Berghänge am rechten Flußufer zum Weinbau benutzt werden.
— Die Winde sind ans das Klima ebenfalls von großem Einfluß.
Nordwinde bringen Kälte und oft Schnee; der Ostwind verursacht im
Winter gleichfalls Kälte und im Sommer nicht selten andauernde
Trockenheit; Süd-, Südwest- und Westwinde führen warme und
feuchte Luft herbei und bewirken häufige Niederschläge. Darum
herrscht an den Nordabhängen der Gebirge meist ein viel rauheres
Klima als an ihrer Südseite und in den ihnen nach Süden hin
vorgelagerten Ebenen. Besonders groß sind diese Unterschiede bei
den von Osten nach Westen ziehenden Gebirgen, so beim Westerwald
und Taunus, beim Knüll und auch beim Vogelsberge.
Die Verteilung von Land und Wasser beeinflußt das
Klima insofern, als das Wasser die Wärme langsamer aufnimmt,
aber auch länger behält als das Land; dazu vermehrt es durch Ver-
dunstung den Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Größere fteheude Ge-
wässer fehlen unserer Provinz; aber immerhin wirken auch die vielen
kleinen Flüsse ausgleichend auf das Klima. Vorteilhaft ist für dieses
der Umstand, daß Sümpfe und Moore außer auf der Rhön und
dem Westerwalde in Hessen-Nassau kaum vorkommen und durch kalte
Nebel, die aus ihnen aufsteigen würden, keinen nachteiligen Einfluß
auf das Klima ausüben.
Endlich kommt für das Klima noch die Bedeckung des Bodens
in Betracht. Die Wälder mildern die Hitze und die Kälte, sie hemmen
die Wiude und sind von günstiger Wirkung auf die Menge der
Niederschläge. Unsere Provinz hat sehr bedeutenden Waldbestand;
sie ist die waldreichste im ganzen Königreich Preußen. Ein wie
großer Segen dieser Waldreichtum für die klimatischen Verhältnisse
unseres Landes ist, zeigt ein Vergleich der milden Witterung auf
dem Taunus mit der unwirtlichen auf dem kahlen Westerwalde, und
ebenso ein Hinblick auf das rauhe Klima der waldentblößten, von
den Winden ungehindert bestricheueu Hohen Rhön.
Die Provinz Hessen-Nassau hat im allgemeinen ein gemäßigtes,
gesundes und für den Pflanzenwuchs günstiges Klima. Die durch-
schnittliche Wärme beträgt 8 — 9 0 G. Im Rhein- und Main-
tale steigt sie auf 9—10° C, und im geschützten Rheingau ist sie
sogar 10 —11° C. Unter dem Durchschnitt bleibt mit 7— 8 0 G die
Temperatur in den mittleren Lagen des Taunus, des Westerwaldes,