1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Gebirge umschließt, muß dieser alles beherrschende Berggipfel zeigen!
Von dem Haupte dieses höchsten Berges im nördlichen Deutschland
wollen auch wir uns einen Eindruck über das Aussehen. der gesamten
Harzlandschaft zu verschaffen suchen. Seit dem Frühling des Jahres
1899 hat die Eisenbahn von Wernigerode aus den ehrwürdigen Brocken
erstiegen. Diese Brockenbahn trägt uns auf ihrem vielfach gewundenen
Wege in 2 Stunden hinauf zum Gipfel. Von der Spitze des 17 m
hohen, neben dem Brockenhotel stehenden Turmes bietet sich bei klarer
Luft eine Aussicht von ungeheurer Weite. Bei dem Überschauen haben
wir aber erst eine kleine Enttäuschung zu überwinden; denn wir sehen
in der schrankenlosen Ferne alles verschwimmen und verfließen, Dann
aber kommt ein Gefühl stolzer Erhabenheit über uns, sobald wir bei
scharfem Hinblicken in der Ebene die Türme von Hannover, Braun-
schweig, Magdeburg, Leipzig und auf dem südlichen Berglande
die Wilhelmshöhe bei Kassel erkennen und dazu erfahren, daß
wir hier über eine Fläche hinwegschauen, die mit 90 Städten und mit
mehr als 7 00 Dörfern übersäet ist. Das Gebirge zu unsern Füßen
sehen wir bis zu seinen fernsten Höhen klar und scharf vor uns
ausgebreitet.
Senkt sich, wie wir schon hörten, der Sockel des Gebirges von
Süden nach Norden, so sehen wir die Oberfläche des Harzes in
umgekehrter Weise sich neigen. Das von der Brockenkuppe nach Nord-
westen liegende Stück ist beträchtlich höher als das nach Südosten
liegende. Beide Teile erscheinen als große Hochflächen. Die östliche,
niedrigere Stufe hat man den Unter harz, die westliche, höhere den
Oberharz genannt. Eine Linie von Wernigerode quer über das
Gebirge, am Brocken vorbei, auf Bad Sachsa zu und von da
südwestlich nach dem Hügelzuge, der bei Osterhagen die Wasserscheide
zwischen Elbe und Weser bildet, scheidet die beiden Harzgebiete. Der
Unter harz zeigt auf feiner Fläche einen bunten Wechsel von kleinen
Bergkuppen und Bergrücken. Sanfte Abhänge, mit Wald bedeckt, und
breite Platten, überzogen von grünenden Saatfeldern und lang hin-
ziehenden Dörfern, dazwischen auch enge Thäler, deren Schönheit man
von oben nicht ergründen kann, bilden seine Oberfläche.
Das nach Nordwesten liegende Stück des Harzes, der Oberharz,
ist deutlicher gegliedert. Außer dem Brockengebiet machen sich noch
zwei ihrer Natur nach verschiedene Teile auf ihm bemerkbar. Die ganze
westliche Gebirgsfläche nimmt eine Ebene ein, die in ihrer Mitte ohne
jede bemerkbare Erhebung ist. Lange, gerade Straßen durchziehen die
ausgedehnten Wiesenflächen, welche von blinkenden Teichen unterbrochen
sind. In der Mitte dieses Wiesenplanes liegen die Schwesterstädte
Klausthal und Zellerfeld, von denen Klausthal der Ebene den Namen
gab. Diese Hochebene von Klausthal ist rings umgeben von dunkel
bewaldeten Bergen, die aber wenig über die Ebene hervorragen. Gegen
den Brocken hin schließt sie der einzige große Bergkamm ab, den der
innere Oberharz aufweist. Dieser breite Bergrücken, der den Oberharz
quer durchzieht, hat zwei Namen. Sein nordöstliches Stück heißt
Bruch berg; es reicht bis zu der Einsattelung, durch die die Straße