1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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eigentümlichen Pflanzenwelt. „Die muldenförmig gesenkte Fläche des
Brockenfeldes ist umschlossen von vier mächtigen Eckpfeilern, dem Kö-
nigsberge im Nordosten, dem Bruchberge im Nordwesten, dem Nehberge
im Südwesten und dem Achtermanne im Südosten" (Hofmann). Diese
zwei Wegestunden ins Geviert messende Senke ist ein sumpfiges Bruch-
land, auf dem der Waldwuchs unterbrochen ist Zwischen den dichten
Tannenwäldern liegen nämlich breite Flächen, auf denen Tannen, Bir-
ken, Erlen und Buschweiden verstreut steheu, oder die ganz ohne Baum
und Strauch sind. An den baumlosen Stellen leuchtet bläulich-schwarz
glänzendes Moorwasser auf, das von weiß schimmerndem Wollgras
umstanden ist. An trockenen Plätzen finden wir dichtgedrängte Büschel
von Heidel- und Moosbeeren und Besenheide, stets von dunkelgrünem
Moos umgeben. Um die riesigen Granitblöcke, die über das ganze
Brockenseld verstreut liegen, rankt der Brombeerstrauch und zieht das
Moos seine Decke. Einige dieser Blöcke sind von solcher Höhe, daß
sie über den Wald emporragen und besondere Namen, wie Hopfen-
fäcke und Magd bette, führen. Die tiefste Senke nimmt ein lieb-
licher Waldsee von 22 ha Größe ein; das ist der Oderteich. Der
Oderteich ist ein künstliches Stauwasser. Ein mächtiger Damm von 22 m
Höhe und entsprechender Breite hindert nach Süden hin seinen Abfluß.
Der tiefe, schwammige Grund des großen Brockenfeldes besteht
aus den abgestorbenen Moos- und Sumpfpflanzenschichten ganzer Jahr-
hunderte; diese halbverwesten Pflanzenschichten nennt man Torf. Die
Torflage ist an einzelnen Stellen des Brockenfeldes bis 3 m dick, Wie
ein Schwamm faugt diese lockere Torfmasse alle Feuchtigkeit ein und
giebt den Überfluß dann allmählich in Bächlein und Flüssen wieder
ab. Würde man, wie das schon im vorigen Jahrhundert versucht
wurde, diese Torfschichten abnehmen, so würde man unberechenbaren
Schaden anrichten. Strahlenförmig rinnen von hier ab und von der
Brockenhöhe selbst zahlreiche Bäche, die auch im dürrsten Sommer
nicht versiegen, zu großen Flüssen zusammen. Aus diesem Brocken-
gebiete beziehen Weser und Elbe in gleicher Weise ihre Gewässer.
Die Wasserscheiden liegen hie und da so nahe zusammen, daß es an
einigen Stellen nur einiger Spatenstiche bedurft hat, um aus einer
Quelle beiden Flüssen Wasser zuzusenden.
Im Osten nimmt die Saale die Harzgewässer auf, um sie der
Elbe zuzusühreu; die nach Norden gehenden Flüsse eilen zur Aller
und die nach Westen abfließenden zur Leine, um sich dann später im
großen Weserflusse wiederzufinden. Es ist aber mit den meisten Brocken-
flüssen, wie überhaupt mit den Harzflüssen, als ob sie nach dem wilden
Sturze von der Höhe erst am Gebirgssuße zur Besinnung kämen und
nun erst ihre eigentliche Stromrichtung fänden. Sie sind geradezu
ruhebedürftig geworden; denn sie weichen vor den Harzbergen den
kleinsten Widerständen aus, über die sie im Gebirge selbst spielend
hinweggestürmt wären. Die höchste Quelle hat ein Bächlein, das oben
an der Brockenkuppe unter dickem Granitgestein hervorsprudelt. Aus
dieser Quelle sollten die Hexen in der Walpurgisnacht trinken, darum
hat man sie Hexenbrunnen genannt. Damit auch Menschen an