1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
— 25 —
Ansiedlungen am Fuße des Oberharzes.
(Osterode und Goslar.)
Unter den Städten, die den Verkehr des Gebirges mit der Ebene
vermitteln, ist als wichtigste Osterode zu nennen (7100 Einw.). Die
Stadt liegt gerade da, wo die Söse aus dem Gebirge tritt und vor
den steilen Gipshöhen nach Norden umbiegt. Der Abbau des Gipses
hat verschiedene Industrien ins Leben gerufen. Ebenso sind Fabriken
entstanden, die aus den großen Tannenwäldern ihre Rohmaterialien
beziehen (Eimerfabriken, Holzwollefabriken und Sägewerke). Die großen
Blei- und Eisen-Hüttenwerke sind eingegangen, dagegen haben die
Lohgerbereien und Wollwarenfabriken an Bedeutung gewonnen. Für
den Bergbaubezirk des Oberharzes ist dort das große Kornmagazin; aus
diesem Kornhause beziehen die Bergleute ihren Brotvorrat. „Jeder
verheiratete Bergmann bekommt einen Kornzettel, der ihn berechtigt,
von seinem Bäcker monatlich das Brot aus 1 Iii Korn zu festgesetzten
billigen Preisen zu beziehen; für den unverheirateten Bergmann ist das
halbe Quantum vorgesehen. Der Bäcker giebt den Zettel an den
Müller, und dieser erhält gegen Vorzeigung der Brotzettel aus dem
Magazin den Roggen" (Günther).
Als Ausgangspunkt der gesamten Besiedelung des Oberharzes
muß Goslar gelten; seine Bedeutung für das Harzgebirge läßt sich
kaum völlig erschöpfen. Unter Kaiser Otto wird Goslar (Lager am
Gießbache) zuerst- in einer auf uns gekommenen Schrift erwähnt. Die
villa Goslar am Fuße des Rammelsberges lag inmitten des großen
Königsgutes, zu dem der gesamte Oberharz und auch das breite Vorland
am Nordfuße des Gebirges gehörte. Die Pfalz W erla, von wo aus
sich schon Heinrich I. der andringenden Ungarn erwehrte, lag an der
Nordgrenze des großen Reichs- und Königsbesitzes bei dem heutigen
Orte Burgdorf an der Oker. Als sich die Wälder in der Ebene
lichteten, war dies Königshaus für die Jagden im Harzer Bannwalde
etwas abseits gelegen. Dem Bedürfnis, einen näher am Gebirge ge-
legenen Ausgangspunkt für die Jagden zu haben, mag Goslar
seine Entstehung verdanken. Der erste der Kaiser, der oft und länger
in Goslar weilte, ist Heinrich Ii.; ihm dankt auch der Ort die
Erweiterung zur Stadt. Dieser Sachsenkaiser und die folgenden aus
dem Stamme der Franken schufen den kleinen Ort zu einer herrlichen
Residenzstadt um. Heinrich Iii. ließ in seinem geliebten Goslar
durch den klugen Mönch Beno den stolzen Dom, von dem nur noch
die eigentümliche Vorhalle zu sehen ist, und das berühmte Kaiserhaus,
den ältesten uns erhaltenen Palast Deutschlands, erbauen. Von dem
Kaiserhause sind die Nebenbauten verschwunden; der noch vorhandene
Teil ist derjenige, in dem die Reichsversammlungen abgehalten wurden.
Von dem Flügel, der die Wohngemächer enthielt, sind nur noch die
Grundmauern zu sehen. „Das Kaiserhaus liegt, die Stadt überragend,
auf der Höhe des Kaiferbleeks. Von hier aus konnte Kaiser Heinrich
der Schwarze die Stadt und seine Lieblingsschöpfungen überschauen.