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1. Die Provinz Hannover - S. 104

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— 104 — wohnen die Tagelöhner, Krämer und Handwerker um die Kirche und Schule herum. Die großen Bauernhöfe sind mit tiefen Gräben (Gräften) umzogen. Die Häufer stehen im Schatten starker Eschen, Buchen oder Birken; in Hadeln umziehen viele Gehöfte wahre Parkanlagen. Die niederfächsische Bauart prägt sich in aller Schärfe aus, wenn wir auch in Hadeln nur noch selten auf den Giebeln die gekreuzten Pferdeköpfe finden. Das Holzwerk des mit Schilf oder Stroh gedeckten Wohnhauses ist hell gestrichen, während Scheunen und Ställe und fast alle Ackergeräte ein angenehmes Braunrot zeigen. In den Wohnhäusern der reichen Bauern wird ein großer Luxus ent- faltet. „Die Vorplätze sind mit weißen Marmorfliesen belegt, Teppiche bedecken den Fußboden der Zimmer, elegante Tapeten die Wände. Schwere Gardinenstoffe umbauschen die Fenster. Als Wandschmuck erblickt man Kupferstiche in schweren Goldrahmen und feines Por- zellcm; die Mahagonitische sind mit Damast überdeckt, die Speisen werden von reinem Silbergerät genommen. Man hat Häuser in Hadeln, die mehr als 390 Pfund Silber in Schmuckstücken bergen. Auf diesen Reichtum ist man sehr stolz und prunkt gern damit" (Allmers). Zwischen Bauer und Knecht ist in beiden Marschen eine große Kluft. Herr und Knecht stehen sich fern; darum herrscht unter dem Gesinde viele Rohheit, und Liebe zur Herrschaft ist selten. Der Bauer legt viel Gewicht auf Bildung, besonders in Hadeln, wo fast jeder Bauernsohn das Gymnasium zu Otterndorf besucht hat. Man trifft Leute am Morgen hinter dem Pfluge, die am Abend englische und französische Bücher lesen, oder die am Sonntag in stolzen Wagen an uns vorbeijagen, um in der Stadt in Gesellschaft durch Kartenspiel oder durch Champagnertrinken die Goldstücke leichtsinnig zu verthun. Der Luxus und der Prunk sind in beiden Marschen mit dem Steigen der Bildung gewachsen; aber man kann an Statistiken aus dem vorigen Jahrhundert nachweisen, daß die Verbrechen und schlimmen Laster, wie Diebstahl, Unzucht, Trunksucht, Rauflust, in demselben Maße zurück- gegangen sind. Die Lobredner der guten alten Zeit können hier also lernen, wie Bildung auch bessert. Die Einwohnerschaft der genannten Marschen ist nicht sehr dicht. Als Hauptorte sind in Kehdingen Frei bürg, in der Ostemarsch Neu- Haus und in Hadeln Otterndorf zu nennen, Städte von etwa 2000 Einwohnern. Alle drei genannten Orte haben Häfen, in denen die Erzeugnisse der Marsch: Getreide und Vieh, in Kehdingen auch viele Ziegelsteine und aus dem Außendeichslande Weiden und Rohr, verfrachtet werden. An dem Grenzflusse Kehdingens, an der Schwinge, liegt die älteste und bedeutendste Stadt der Elbmarschen; das ist Stade (Ge- stade). Obwohl die Stadt noch aus dem rechten Flußufer liegt, kann sie sowohl der Marsch Kehdingen, als auch dem Alten Lande zugezählt werden. Sie gehört beiden Gebieten an; denn zu beiden hat sie gleich große und gleich lebhafte Beziehungen. Stade liegt auf einem in die Marsch vorspringenden Heidehügel, von dem aus sich die Vororte in den freundlichen Wiesengrund der Schwinge hinabziehen. Hinter der Stadt
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