1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Mischungen vorherrschend. Auch in diesem Zeitalter unterscheidet man wieder zwischen
älteren und jüngeren Gesteinsabteilungen. Den älteren Zeitabschnitt nennt man
die Tertiär zeit und den jüngeren, zu dem wir auch die Gegenwart rechnen
müssen, die Quartärzeit. In der Quartärzeit hat man wieder einen älteren
Abschnitt, das Diluvium, und einen jüngeren, noch jetzt fortbestehenden, das
Alluvium, unterschieden. Wir werden aber sehen, daß zur Abtrennung einer
besonderen Alluvialzeit kein Grund vorliegt.
Mit dem Beginne der Neuzeit verschwinden die ungeheuren Eidechsen, und
die Vorfahren von unfern Säugetieren werden herrschend; auch verdrängen die
Blütenpflanzen die sonderbaren Baumfarne der Kreidezeit. Die beiden Abschnitte
des letzten Erdbildungszeitalters, Tertiär und Quartär, geheu so unmerklich nach
den Gesteinen, den Tieren und Pflanzen ineinander über, daß man die Scheidung
kaum genau ziehen kann. Darum rechneu manche Forscher den Anfang der Quartär-
zeit von dem Zeitpunkte ab, an dem der Mensch ans der Erde erscheint.
Die gesamte Quartärzeit zeigt lange Zeiträume, die kälter, und auch solche,
die wärmer waren als die Gegenwart. Zeiten, wo immergrüne Bäume und Pal-
men das nördliche Europa bedeckten, wurden abgelöst von Zeiten, in denen 1000 rn
dicke Eisflächen Nordeuropa bis nach Mitteldeutschland hinein überzogen. Gerade
diese Eiszeiten sind für das gesamte Flachland Deutschlands, also auch für den
größten Teil der Provinz Hannover von Bedeutuug gewesen.
Von den drei Eiszeiten, die man jetzt sicher nachgewiesen hat, sind die Spuren
der letzten nach Süden hin bis an den Harz und Solling zu verfolgen. Die riesigen
Eismassen sind Hunderte von Metern an den Bergen hinausgestiegen. So hat man
oben auf dem Piesberge bei Osnabrück in einer Höhe von 155 in deutliche Eis-
schrammen (Gletscherschrammen) und bei Osterode 340 m hoch noch Gestein-
schutt aus Norwegen nachgewiesen. Die ungeheuren Eismassen haben durch
ihre Fortbewegung und Abschmelzung solche Massen zerriebener Gesteine und Schutt-
teile zurückgelassen, daß unser ganzes norddeutsches Flachland „die Oberfläche einer
verschütteten Grube ist".
Woher kamen diese Eismassen? Das Centrum dieser Vereisung waren die
Gebirge Skandinaviens. Die Eismassen schoben sich von dort durch die schon vor-
handene Nord- und Ostsee, schwammen aber nicht etwa zu uns herüber, sondern
füllten die beiden flachen Becken und fchoben sich aufwärts bis an den Rand der
Gebirge. Man hat diese Vereisung lange für unmöglich gehalten und angenom-
men, daß große Eisschollen, die das nordische Meer in unser Land trug, die
Schuttmassen und Findlingsblöcke hier abgesetzt haben. Jetzt haben gründliche For-
scher nicht nur die Möglichkeit und Wirklichkeit der Vereisung nachgewiesen, sondern
dieselben haben ausgerechnet, daß mit einem Sinken der Jahreswärme in Europa
von nur 4—5 0 C. aufs neue das Eis unser Land in derselben Weise überziehen
würde. Auch hat man herausgerechnet, daß nach der letzten Eiszeit etwa 20—25 000
Jahre verflossen sind, und daß diese Spanne Zeit noch nicht so lang ist als die
Zwischenzeiten zwischen den drei Vereisungen. Unsere Gegenwart können wir
darum kaum als einen neuen besonderen Zeitabschnitt betrachten.
_ (Vorstehende geologischen Grundlagen wurden in Anlehnung an „Brückner,
die feste Erdrinde und ihre Formen" bearbeitet.)
Die Herausbildung der jetzigen Oberflächenformen begann schon
vor den Eiszeiten. Das mittlere Deutschland war von einem
großen Gebirge bedeckt, das sich in seinen einzelnen Teilen bald senkte
und bald wieder hob. Gewaltige Meere, die darauf über diese mittel-
deutschen Alpen daherbrausten, glätteten die wild zerrissene Ober-
fläche und gestalteten das Gebirge durch Randabnagung zur Hochebene
um. Diese Hochebene senkte sich dann in der Mitte, und es blieben
nur einzelne Horste (Fichtelgebirge, Thüringer Wald und Harz) stehen,
an denen das zurücktretende Meer eine allmähliche Abdachung schuf.
Das Meer lagerte am Gebirgsfuße seine Thone, Sande und Tierreste
ab und schuf einen fruchtbaren Landfaum am Gebirgsrande. Als das