1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Insbesondere verdanken der Thätigkeit des Wassers jene außer-
ordentlich fruchtbaren Schlammgebiete ihre Entstehung, die unter dem
Namen Marschen unser Land umziehen. Heben wir ein bisher un-
berührtes Stück echter Marscherde aus dem Boden und trocknen dasselbe,
so blättert es in lauter dünnen Schichten ab, während die Schlamm-
erde, bei deren Entstehen das Meer nicht half, als gleichförmige Masse
daliegt. Das Meer muß also diese Merkwürdigkeit der Marscherde
unmittelbar veranlassen. Jeden Tag zweimal steigt das Wasser des
Meeres an der Küste zu bedeutender Höhe; die Flut kommt, sagt der
Küstenbewohner. Ebenso oft weicht das Wasser weit von der Küste
zurück, was man als Ebbe bezeichnet. Für die Bildung der Marsch
sind nun die Zeiten die wichtigsten, in denen die Flut aufhört und die
Ebbe beginnt, oder in denen die Ebbe steht und die Flut einsetzt. Da
ist die Bewegung des Wassers so langsam, ja fast völlig aufgehoben,
daß die feinen festen Teile (Thonerde, Tier- und Pflanzenreste), die
sonst noch getragen werden konnten, zu Boden sinken müssen. Diese
Ruhezeiten — Stauzeiten nennt man sie — werden auch im Flußlaufe
vor der Mündung, wo die Seeströmung gegen das Flußwasser stößt,
bemerkbar. In jeder Stauzeit bildet sich ein fester Niederschlag, welcher
nachher, wenn er nicht durch andere Ursachen wieder zerstört wird, als
blattdünne Schicht im Boden kenntlich ist. In Zeiten, in denen Sturm-
fluten das Meer aufwühlen oder die Flüsse Hochwasser zuführen, werden die
abgelagerten Schlammschichten an ruhigen Plätzen von vier- bis fünf-
facher Dicke. Das Flußwasser bringt außer den mitgeführten Erdmassen
eine Menge von Salzen und Eisen aufgelöst mit. Diese aufgelösten
Teilchen giebt das Wasser nur schwer ab. Aber durch das Zusammen-
treffen von Fluß- und Seewasser werden sie ausgeschieden, sinken mit
den Schlammmassen und den Millionen von Tierleichen zu Boden und
erhöhen die Fruchtbarkeit der Marschen.
Wie die reichen Marschen ein Geschenk des Wassers darstellen,
so führen auch die ärmsten und ödesten Gegenden Hannovers, die
Moorstrecken, ihre Entstehung auf die Gewässer zurück. Nach Berech-
nungen nehmen diese Moorbildungen l/i des Bodens der Provinz ein
(n. Salfeld). Wo das Niederschlagsgewässer sich in flachen Mulden
fammelt und stehen bleibt, weil der Boden das Einsickern nicht ge-
stattet, da entstehen Moore. Das Eindringen in den Boden kann einmal
dadurch verhindert werden, daß undurchlässige Erdschichten in der Mulde
vorhanden sind, oder es kann auch das Grundwasser, das den Boden
durchtränkt, bis zur Oberfläche aufsteigen. Als die eigentlichen Moor-
bildner kommen in solchen Senken und Tümpeln besondere Pflanzen
hinzu, die wir aus den Schilderungen der Moore schon kennen. Gerade
der anscheinend durchlässigste Erdboden, der Sand, begünstigt unter
gewissen Vorbedingungen die Moorbilduug. Alle unsere großen Moore
im Flachlande ruhen auf Sandgrund; auf Lehmboden ist diese Moor-
bildung verschwindend gering. Aus dem Sande laugen nämlich durch
den Regen einige Salze und Säuren mit Eisenspuren aus, die den
^and in der Tiefe zu einer festen Masse kitten. Die entstehende Sand-
schicht, der Ortstein oder Raseneisenstein genannt, die oft bis zur Dicke
Ben ermann, Hannover. 8