1908 -
Halle a. S.
: Schroedel
- Autor: Schlottmann, Karl, Tromnau, Adolf
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Mädchen
90 Europa.
französischen Tieflande eingenommen. Dieses Tiefland Mittel-
enropas steht im O. mit den Tiefebenen Osteuropas im Zusammenhange und
reicht im W. bis zum Atlantischen Ozean. — Zu den zahlreichen, wasser-
reichen Flüssen Mitteleuropas gehören auch die deutschen Ströme. Seen-
reichtum weisen die Alpen und die Küstenländer der Ostsee als alte Gletscher-
gebiete auf.
Nach dem Aufbau lassen sich irt Europa drei Bodengebiete unter
scheiden:
1. Die Zone junger Faltengebirge, wie die Sierra Nevada,
Pyrenäen, Apennin (Atlas), — Alpen, Karpaten, Balkan, Kau-
kafus, — Dinarif ch e Alpen. Die letzte Faltung trat in der Tertiärzeit
ein. Die Faltenzone setzt sich nach O. bis über den Himalaya fort (S. 25).
2. Die skandinavisch-russische Tafel ist eine ungeheure Scholle,
die seit den ältesten Zeiten nicht gefaltet wurde und daher die ursprüngliche
wagerechte Lagerung noch heute zeigt.
3. Das nordwesteuropäische Schollenland beginnt im von
der Weichsel. Während der Steinkohlenzeit (S. 24) erhoben sich große Falten-
gebirge von Alpenhöhe auf dem Gebiet von Deutschland, Frankreich und
England. Diese Faltengebirge wurden aber mit der Zeit^abgetragen oder ge-
rieten unter das Meer. In der Tertiärzeit sanken die Schollen an Brüchen
abwärts; es entstanden Einbrüche und Horste.
Die Kultur Entwicklung Europas wurde durch die natürlichen
Verhältnisse des Erdteils wesentlich gefördert. Seine günstige Lage in
mitten der Landhalbkugel brachte ihn naturgemäß in vielseitige Beziehungen
zu andern Erdteilen. Die reiche und vielgestaltige Gliederung erhöht die
Zugänglichkeit des Erdteils bis in seine inneren Gebiete. Schon früh mußte
diese Gestaltung die europäischen Völker aus das länderverbindende Meer
hinweisen. Die Bodengestaltung zeigt, wie bei keinem andern Erdteil,
ein Durcheinandergreifen aller Hauptformen der Bodeubildung. Keine hohen
Gebirge schließen das Innere von den Küsten ab- keine innern, trocknen Hoch
länder trennen die Glieder von dem Rumpf des Erdteils. Das wegsame
Mittelgebirge ist vorherrschend, und auch die Alpen sind reich an Längs und
Quertälern und setzen weder durch ihre Höhe noch durch die räumliche Aus-
dehnung dem Verkehr unübersteigliche Hindernisse entgegen. Daher konnte sich
auch die Kultur der Mittelmeerländer über ganz Europa ausbreiten und zu
einer europäischen Kultur entwickeln, die vor Erstarrung durch die Lage
des Erdteils und infolgedessen durch Völkerzuzug, namentlich aus dem 0. her,
bewahrt wurde. Begünstigt wurden diese Wanderungen der Völker durch das
sich mitten durch Europa in ostwestlicher Richtung hinziehende Tiefland. -
Ebenso günstig sind die B ew ässer ungsv erh ä ltniss e. Der Wasserreichtum
des Erdteils ist über seine Oberfläche sehr gleichmäßig verteilt. Wenn sich die
europäischen Flüsse auch in bezug auf Länge und Stromgebiet nicht annähernd
mit den Riesenströmen der großen Erdteile vergleichen können, so weist der
Erdteil doch eine große Anzahl selbständiger Stromgebiete auf und ist ver-
hältnismäßig am reichsten an schiffbaren Flüssen. Auch lassen sich fast
überall leicht Kanalverbindungen herstellen. Zu allen diesen Vorzügen kommt
noch ein günstiges Klima.
3. Klima. Europa liegt fast ausschließlich in der nördlichen ge-
mäßigten Zone, und zwar überwiegend in den kühleren Teilen. Nur
die nördlichsten Striche gehören der kalten Zone an.
Infolge der Hauptküstenrichtung vou Sw. nach No., die frei der Ein-
Wirkung des warmen Golfstroms ausgesetzt ist und den W.-Winden keine
nennenswerten Schranken (öergl. dagegen -Nordamerika!) entgegensetzt,
wird der ozeannahe Teil Europas mehr erwärmt, als ihm nach seiner
Lage zukommt. Daher erfolgt die Abnahme der Wärme in
Europa von Sw. nachno. und daher ist von der ganzen Erde hier die
größte Wärmeabweichung nach oben hin (positive Wärmeanomalie).