1908 -
Halle a. S.
: Schroedel
- Autor: Schlottmann, Karl, Tromnau, Adolf
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Das Norddeutsche Tiefland. 177
Die Industrie ist infolge der Armut des Landes an mineralischen
Bodenschätzen wenig entwickelt. Ausnahmen bilden der oberschlesische In-
dnstriebezirk, die Niederlausitz und die Stadt Berlin. — Der Handel knüpft
sich an die Küstenplätze und großen Binnenstädte. Im letzten Jahrzehnt ist
für die Anlage von Bahnen im deutschen Osten sehr viel geschehen. Die
großen Hauptstrecken sind durch zahlreiche Nebenlinien miteinander ver-
bunden, so daß auch die entlegensten Gebiete der Ebenen in den Bereich
regen Verkehrs und Güteraustausches gezogen sind.
Ii. Das westdeutsche Tiesland.
1 a. Die Wassergrenze: Die Nordsee.
Die Nordsee (V2 Mill. qkm = dem Deutschen Reiche). Welche Länder
begrenzen sie? Der Name stammt von den Niederländern (der Gegensatz ist
die Südersee), die Dänen nennen sie Westsee, die Engländer „Deutsches
Meer".
Es ist die Nordsee fast durchweg Flach see*), ja fö. einer Linie vom
nördlichen Dänemark bis zur Hnmbermündung in England weniger tief, als
40 m, so daß auf diesem Gebiet jeder größere Kirchturm aus dem Wasser
sehen würde. An gefährlichen Bänken ist das Meer reich, an landfernen
Inseln dagegen arm (Helgoland). Jeder Sturm wühlt das Meer bis zum
Grunde auf, der meist aus Sand, seltener aus Kies oder felsartigem Boden
besteht.
Längs der -Seite steht die Nordsee in breiter Verbindung mit
dem Ozean. Daher besitzt das Wasfer die Eigenschaften des ozeanischen
Wassers: der Salzgehalt ist derselbe, die Tiden sind ausgeprägt; die
Fluthöhe erreicht an der deutschen Küste 3 in; die Wasferwärme ist ohne die
großen Schwankungen des Ostseewassers. Die Nordsee friert nie zu;
nur in strengen Wintern bedecken sich die flacheren Küstenstreifen mit Eis.
Schiffahrt und Fischerei sind auf der Nordsee sehr rege. Den Deutschen
und deu Ostseeanwohnern öffnet die Nordsee den Zugang zum Weltverkehr.
Die südliche Nordsee mit ihrem schmalen Ausgange, dem Kanal, ist daher
eine der befahrensten Seestraßen. Außerdem ist das Meer von Fischer-
fahrzeugen belebt; denn es ist das fischreichste Meer der Erde. Alle
Fische des europäischen Nordmeeres drängen nach der Nordsee, um zu laichen,
vor allen der Hering. Besonders Norweger, Niederländer und Engländer
beteiligen sich an 'der Hochseefischerei, die jährlich für 150 Mill. Mk.
Fische liefert. Deutsche sind leider dabei nur mit 6 0/0 beteiligt; allein für
Heringe gehen alle Jahre 50 Mill. Mk. in das Ausland, für Fische über-
Haupt 80 Mill. Mk.
Eine Plage der Nordsee sind die häufigen und heftigen ^V.-Stürme,
die das Meer wie überhaupt Nw.--Europa heimsuchen. Nur zu oft werden
dann die Schiffe gegen die hafenlose W.-Küste Dänemarks getrieben, wo sie
auf den Sandbänken stranden und meist rettungslos verloren sind. Daher
die Namen, wie „Eiserne Küste", die „Jammerbucht" sw. von Skagen, das
Seemannswort „Nordsee, Mordsee".
*) Die Flachsee ist weniger tief, als 200 m; die Flachsee ei an et sich vor
allem zur Hochseefischerei.
Tromriau-Schlottmann, Schulerdkunde Ii. 12