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1. Bodenständiger Unterricht - S. 11

1913 - Leipzig : Dürr
— 11 — Unser Unterricht entbehrt zu oft der anschaulichen Unterlage und ist so ergebnisschwach, weil er ohne Verbindung mit der pulsenden, schaffenden Wirklichkeit in Straße und Fabrik, in Hecken und Büschen, Wiese und Feld, Teich und Fluß, Sand- und Stein- grübe, Post und Bahnhof, Werkstatt und Lagerplatz, Mühle und Geschäft, Rathaus und Gericht und andern Stellen der Heimat ist. Die Verantwortung dafür trifft freilich uns Lehrer nicht allein.5- Eine starke Quelle unserer trüben Unterrichts-Erfahrungen liegt Lehrplänen, in dem harten Gestein unserer Lehrpläne, die auf Wirklichkeitsunter- richt nicht angelegt sind. Darin steht außerdem nicht selten eine solche Fülle des vorge- schriebenen Stoffes, daß die Klagen der Lehrer über die Unmöglichkeit der ausreichenden Durcharbeitung und ferner die Anklagen der Eltern gegen die Schule wegen Überbürdung allgemein sind. Natürlich wird immer, auch von den Vorgesetzten, gern und ohne weiteres zugegeben, daß man lieber den Stoff einschränken und dafür um so gründlicher verfahren müßte. Aber wenn man einmal sagte: „Dies habe ich auslassen müssen, weil ich nicht mehr dazu gekommen bin", so könnte man noch zu- frieden sein, wenn die Antwort nur lautete: „Ja gewiß, Gründlich- keit ist die Hauptsache. Aber gerade dies, was Sie hier ausgelassen haben, ist doch zu wichtig und wertvoll, das muß unter allen Um- ständen drankommen, lassen Sie lieber an andern Stellen was weg, aber dies möchte ich doch nicht missen." Und so bleibt eben alles beim alten. Man darf die Schuld an diesen tatsächlichen Verhältnissen nicht oder «- über- doch nicht allein dem einzelnen Schulleiter oder Vertreter der Schulbehörde d^°Bua zuschieben. Solange wir nicht allgemein von der Überschätzung des ange- lernten und geprüften Wissens zurückkommen, solange es nicht von oben her mit Entschiedenheit und Nachdruck durchgesetzt wird, daß die Schul- arbeit zuerst und ausschlaggebend nach der Güte und erst dann nach der Menge bewertet wird, und solange nicht — das folgt mit Not- wendigkeit, und nur auf diesem Wege ist das Ziel zu erreichen! — jedem Lehrer das Recht zugestanden wird, von den im Lehrplan vor- geschriebenen, aber zu reichlichen Stoffen das auszulassen, was nicht mehr gründlich und ausreichend durchgearbeitet werden kann, so lange kommen wir nicht vom Fleck, und alle Vorschläge über Wirklichkeits- Unterricht und über Verhütung der Überbürdung bleiben leeres Gerede.
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