1913 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Nolte, Gustav
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Herford
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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In der Tongrube bei der Ziegelei von Goldstein an der Eimter-
straße suchen wir Versteinerungen. Welche Fülle des Lehrreichen
bietet sich uns da! Alle bemühen sich auf das eifrigste. Ich kann
die Jungen nicht wegkriegen. Jeder zeigt mir Mergelstücke, Steine,
und sonstige Funde und will Ausklärung haben, die ich gebe, so gut
ich kann.
Wie bedaure ich, daß ich meine Heimat in erdgeschichtlicher Hin-
sicht und das, was damit zusammenhängt, so wenig kenne!
Wir betrachten einen alten Giebel und bemerken Inschriften,
Figuren, Verzierungen, und ich foll sagen, was das im einzelnen
bedeutet. Wie gerne wüßte ich es selbst!
Bei einem Ausgange im Frühjahr achten wir auch auf Nist-
gelegenheiten der Vögel und finden eine ziemliche Zahl alter Nester.
Hätte ich sie doch besser gekannt und die auf mich eindringende
Wißbegierde recht ausnutzen können!
Der eine Junge kommt mit einer Eidechse, ein anderer mit
einem Käfer gelaufen, ein dritter findet einen Baumfchwamm usw. usw.
Die Fülle des Wissenswerten ist unerschöpflich und erdrückend.
Soll ich die aufgeweckte Neugierde mit der kalten Abweisung:
„Laß das, das geht uns jetzt nichts an!" totschlagen?
Oder ist es klüger, die Gelegenheit beim Schöpfe zu fassen und
das Eisen zu schmieden, solange es glüht?
Jetzt meldet sich der Wissensdurst. Darf ich wichtige Heimat-
kundliche Belehrungen, soweit sie nicht mehr rein erdkundlicher Art
sind, beiseite schieben und auf den,Unterricht in der Schule aufsparen,
wo sie dann vielleicht vergessen sind?
Auf jeden Fall ist die Wißbegierde später nicht mehr so leb-
Haft, und die unmittelbare Anschauung fehlt dann auch.
Also greise ich jetzt zu und suche eine solche vielseitige und
gründliche Kenntnis der Heimat zu vermitteln, als sich Gelegenheit
dazu bietet, und als ich kann:
Die Jungen dürfen zeigen und fragen, was ihre Aufmerksam-
keit erregt.
So werde ich denn unaufhörlich bestürmt, ich bewundere das
scharfe Auge und die Geschicklichkeit der Jungen und bedaure, daß
ich aus ihren guten Anlagen und der günstigen Gelegenheit nicht
mehr Kapital schlagen kann.
So ist es mir noch jedesmal ergangen, und ich habe, obgleich
ich schon ziemlich lange in der Heimatkunde unterrichte und mich
damit auch gern beschäftige, immer wieder die unangenehme und