1913 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Nolte, Gustav
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Herford
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Da kommen wir auf Grund unserer heimatkundlichen Spazier-
gänge, Beobachtungen und beurteilenden Betrachtungen nach beiden
Seiten hin zu einer Umformung des Begriffes Heimatkunde:
1. Der Umfang wird erheblich eingeschränkt,
2. der Inhalt wird ganz außerordentlich bereichert.
Was ist denn unsere Heimat?
Das Elternhaus und seine Nachbarschaft, der Garten mit seinen
Wegen, Bäumen, Blumen, Büfchen und Hecken, die Plätze, Straßen,
Wagenschuppen, Scheunen, Verstecke und Stellen, wo die Kinder
spielen und ihre Streiche ausüben, die nahe Fabrik, die Arbeitsstelle,
die Werkstatt, der Lagerplatz, der nächste Bach, der Teich, die Wiese,
die Gräben, die Felder, der Wald — also die nächste Umgebung
des Wohnhauses, die uns durch genaue persönliche Bekannt-
schast vertraut und lieb wird und uns allen, Kindern und Er-
wachsenen, Dinge, Fragen und Aufgaben auf Schritt und Tritt in
solcher Fülle bietet, daß wir immer zu tun haben, um sie kennen
und verstehen zu lernen.
Die engste Heimat ist es, die dem Menschen am meisten
gibt, ihn am tiefsten beeinflußt und bildet und ihn am
innigsten fesselt; dort liegen die stärksten Wurzeln seiner
Kraft, ihr verdankt er das Beste in seinem Leben.
Hat das die Schule in der Tat, d. h. durch die Stoffe und durch
die Art ihres Unterrichts, bisher genügend beachtet?
Hat sie die nächstliegenden Dinge und Ausgaben, unsere
eigensten Angelegenheiten, Arbeiten, Pflichten, Sorgen, Erfolge, Ein-
richtungen usw. zum Gegenstand ihrer Betrachtung und Lehre ge-
macht, daran das Wissen bereichert, den Geist geübt und gebildet,
das Können versucht und groß gemacht, den Willen veredelt und
gekräftigt?
Auch im schulunterrichtlichen Sinne verstehen wir unter Heimat
grundsätzlich nur den Heimatort und seine Umgebung so weit, als sie
auf Spaziergängen und an halben Tagen durch Fußwanderungen
kennen gelernt werden kann.
Höchstens darf man noch dabei an das denken, was aus Turn-
fahrten und ähnlichen Tagesausflügen aufzusuchen ist.
Was nicht gesehen und untersucht werden kann, scheidet
aus der Heimatkunde aus.