1906 -
Leipzig
: Degener
- Autor: Steckel, Ernst
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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4* Die Hochebene der Oberpfalz.
Zwischen Böhmer Wald, Fichtelgebirge, Fränkischem Iura und Donau liegt
abseits von den großen natürlichen Verkehrslinien die Oberpfalz, welche dieser
Lage wegen nie eine Rolle in der Geschichte gespielt hat. Sie ist vorwiegend aus
den vom Böhmer Wald und Fichtelgebirge abgetragenen Geröllmassen aufgebaut,
durch welche sich Regen und Nab (= Naba = fett, fließen) ihre Wege zur Donau
gebahnt haben. Die Nab entsteht aus Walduab (vom Böhmer Wald), Fichtelnab
(vom Fichtelgebirge) und Heidenab (aus dem Jura). Die Oberpfalz ist reich an
Eisenerzen. Sie bilden die Grundlage der gesamten oberpfälzischen Eisenindustrie,
welche in Amberg (22) an der Vils, wo sich königliche Gewehrfabriken befinden,
ihr Centrum hat. In der Nähe liegen die kleineren Industriestädte Sulzbach,
Weiden und Schwandorf.
5. Das Fichtelgebirge.
Das Fichtelgebirge, dessen Name den reichen Fichtenbestand charakterisiert,
zeigt die Grundrichtungen im Bau des deutschen Bodens, eine Verkettung der
verschieden laufenden Gebirgszüge und demzufolge eine wichtige Wasserscheide. Es
hat hufeisenförmige Gestalt. Im Norden, Westen und Süden umschließen die
Höhen des Fichtelgebirges eine Hochebene, die durch die Eger-Pforte uach Osten
mit dem böhmischen Gebirgs-Vorlande in Verbindung steht.
Das Gebirge ist vorwiegend aus Granit aufgebaut. Seine bedeutendsten
Bergmassive steigen an der Westseite im Schneeberge (1060 m und im Ochsenkopf
(1030 m) an; sie bilden mit den benachbarten Höhen den Centralstock des Gebirges.
Merkwürdig ist das Fichtelgebirge durch seine vier wichtigsten Flüsse: Saale,
Weißen Main, Fichtelnab und Eger, deren Quellen alle in dem Centralstock liegen.
Erst in weiter Ferne gelangen ihre Gewässer in die Nordsee und das Schwarze
Meer, weshalb man früher zu der irrigen Ansicht kam, daß das Fichtelgebirge
das höchste Mittelgebirge Europas sei.
Der früher blühende Bergbau ist eingegangen. Durch Verarbeitung des
gleichkörnigen, grauen Grauits, der Diabase, des Serpentins, des Marmors und
Specksteins, aus denen Gasbrenner gefertigt werden, haben die vielfach armen
Bewohner noch einige Erwerbsquellen. Der Boden ist vorwiegend das Ver-
Witterungsprodukt des Granits, varum wohl fruchtbar, aber nicht tiefgründig, weil
der Granit langsam verwittert. Außer dem reichen Waldbestande find Hafer,
Kartoffeln und etwas Flachs die Hanptanbangewächse. Die Flachs- oder Lein-
pflanze liefert in ihrem Baste das Material zur Herstellung der Leiuwaudgewebe,
während aus ihrem Samen das Leinöl gewonnen wird, das für Bereitung der
Ölfarben :c. von Wichtigkeit ist; die Rückstände aus dem Samen geben die so-
genannten Ölkuchen, die als Viehfutter Verwendung finden.
Der Hauptort in der vom Fichtelgebirge umschlossenen Hochebene ist Wun-
siedet (5) an der Rößlan, einem rechten Nebenflusse der Eger, der durch ein land-