1906 -
Leipzig
: Degener
- Autor: Steckel, Ernst
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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erstaunlich großen Massen auftreten und besonders dem Hering zur Nahrung
dienen. Große Heringszüge kommen zur Laichzeit iu die flachen Meere und
bevölkern das ganze Gebiet der Nord- und westlichen Ostsee, während der Kabel-
jan auf der Dogger-Bauk, die Makrele an der süd-norwegischen und an der
jütländischen Küste in großen Mengen gefangen werden. Außerdem ist die Nord-
see reich an Schollen, Seezungen, Steinbutten, Schellfischen und Austern.
An der holsteinischen Küste besitzt Deutschland in 50 Austernbänken, welche 2000 ha
umfassen, das beste Zuchtfeld dieser Art in Europa. Die Großfischerei auf
offener See steht allen maritimen Nationen frei; nationale Ansprüche auf alleinige
Ausbeute können nur bis auf drei Seemeilen (= 5,565 kni) Entfernung von der
heimischen Küste gemacht werden.
b. Einzelbilder:
U Die deutsche Hochsee- und Küstenfischerei.
Am 1. Januar 1900 bestanden 10 deutsche Hochseefischerei- und Herings-
sischerei-Gesellschasten für die Ausbeute in der Nordsee, drei davon in Emden, die
übrigen in Wilhelmshaven, Elsfleth, Vegesack, Geestemünde, Nordenham a. W.,
Glückstadt und Altona. 1899 —1900, einem ungünstigen Fangjahre, hatten diese
Gesellschaften 101 Segler (Logger) und 6 Dampfer in Dienst gestellt, die an
Heringen allein einen Erlös von 2 Millionen Mark erzielten. Im ganzen betrug
in dieser Zeit die Hochseesischereiflotte der Nordsee 563 Fahrzeuge, worunter sich
117 Dampfer befanden. -
Nicht so bedeutend ist die Seefischerei in der Ostsee, wo an der mecklenbnr-
gischen und pommerschen Küste der zunehmende Badeverkehr der Fischerei das
Personal entzieht. West- und Ostpreußen dagegen zeigen einen erheblichen Auf-
schwuug.
Die Bedeutung der Seefischerei ist darin zu suchen, daß sie ein billiges
Massen-Nahrungsmittel von hohem Nährwert liefert und den Küstenbewohnern
eine einträgliche Beschäftigung bietet. Zugleich stellen die zahlreichen Fischer dem
Reiche einen tüchtigen Stamm sachkundiger Marinesoldaten.
Staatliche Maßnahmen sind zum Schutze und zur Hebung der Seeschisferei
getroffen: kleine Kreuzer befahren die Gewässer, um Ordnung zu halten und
gegen Übergriffe fremder Flotten Schutz zu gewähren, namhafte Summen für
Fischer- und Schutzhäfen, für Fischzuchtversuche, Fisch- und Auktioushallen :c.
werden gezahlt; außerdem ist für billige und schnelle Fisch-Befördernng auf
Eisenbahnen nach dem Binnenlande gesorgt. Daneben sind zahlreiche Vereine und
Genossenschaften thätig, durch Fischereischulen wissenschaftliche und praktische Be-
lehrung zu fördern, wie auch durch Geldunterstützung die Interessen der deutschen
Seefischerei zu heben.
Immer noch gehen von den etwa 100 Millionen Mark, die in Deutschland
für Produkte des Meeres jährlich gezahlt werden, ca. 65 Millionen ins Ausland.