1899 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Vogel, Karl Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Töchterschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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von da bis an den Genfersee ein Querthal. Der Rhein bildet von seiner
Quelle bis zur Stadt Chur ein Längs-, von da bis an den Bodensee ein
Querthal. Wichtig ist, daß sich alle längeren Thäler der Alpen nach N. und
0. öffnen, während nach 8. hin nur kurze und steile Flußläuse ihren Ausgang
finden. Daher sind die Alpen vorzugsweise von N. und 0. her, also von
Deutschen und Slaven, in Besitz genommen. Nur das Thal der Etsch macht
eiue Ausnahme. Es ist dies aber auch eine Stelle, wo gegenwärtig uuauf-
haltsam italienische Bevölkerung und italienische Sprache gegen den Kern der
Alpen und Deutschland vordringt.
Kein anderes Hochgebirge hat so viele Pässe und Verkehrs st raßen
wie die Alpen. An Pfaden für Fußgänger (Fußpfaden) und Saumtiere
(Saumpfaden) fehlt es nirgends und in keiner Richtung, und die Zahl
gebahnter Fahrstraßen ist, in Anbetracht der Schwierigkeiten, mit denen
ihre Anlage zu kämpfen hatte, ungemein groß; sie beträgt in der Schweiz und
in Österreich 44. Die Kunstbauten sind namentlich denjenigen Verbindungen
zu gute gekommen, die das Gebirge quer durchschneiden, weil sich in dieser
Richtung die meisten Schwierigkeiten darbieten; in der Längsrichtung des
Gebirges stellten sich seine bedeutenden Parallelthäler als natürliche Ver-
bindungswege dar. — Der höchste Paß der Alpen ist das Stilsfer Joch
(2800 m). Andere Pässe führen über den St. Gotthard, den Splügen, den
Brenner, den Semmering und deu Mont Cenis. Einige von diesen Pässen,
z. B. der St. Gotthard-Paß, dienen nicht nur dem Verkehr der Menschen,
sondern auch den Zugvögeln auf ihrem Wege nach dem 8. und heimwärts
als natürliche Durchgangsthore. In neuester Zeit ist die Zugäuglichkeit der
Alpeu noch durch mehrere Eisenbahnen erhöht worden, welche dem Bedürfnis
eines beschleunigten Verkehrs dienen und teils über, teils in langen
Tunneln durch die Alpeu führen. Diese Eisenbahnen sind: a. Die Mont
Cenisbahn, welche Frankreich und Italien verbindet; b. die St. Gotthard-
bahn, eine Schienenverbindung zwischen Deutschland und Italien; c. die
Brennerbahn, die aus Tirol nach Italien führt; d. die Semmering-
bahn, eine Verbindung zwischen Wien und Triest über Graz; e. die
Arlbergbahn verbindet die österreichischen Alpenländer mit Bregenz am
Bodensee. So bilden die Alpen keineswegs eine trennende Schranke für den
Verkehr, einen Schrecken für den einsamen Wanderer, wohl aber in klimatischer
Beziehung eine deutliche Scheidung zwischen Mittel- und Südeuropa, jenes
mit rauherem Himmel, dieses mit milden Lüften „das Land, wo die Citronen
blühen". — Auch in früheren Zeiten sind die Alpen keine scharfe Völkergrenze
und kein Hindernis für die Wanderungen und Kriegszüge einzelner Völker
gewesen. Ihre sanftere Abdachung nach N. und Nw. hat es aber mit sich
gebracht, daß sie viel früher und häufiger von dorther überschritten wurden,
als von 8. (Hannibals Alpenübergang; Kimbern und Teutonen.) In der
Zeit der Völkerwanderung brachen zahllose Scharen deutscher Völkerstämme
über die Alpeu iu Italien ein. Im Mittelalter unternahmen deutsche Kaiser
wiederholt Kriegszüge über die Alpen (Barbarossa). Auch friedlicher Handels-
verkehr (namentlich mit Genua und Venedig) hat seit den frühesten Zeiten
über die Alpen bestanden.
Sehr wichtig für die Alpen sind noch die Älpenscen. a) Sie sind ein
Hauptschmuck des Gebirges. Der wohlthuende Eindruck derselben wird
durch die Frische, Klarheit und Farbe ihres Wassers erhöht, das vom hellsten