1899 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Vogel, Karl Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Töchterschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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tum des Landes; er ist in den Ardennen auf Eisen und Kohlen sehr er-
giebig und bietet damit die wichtigsten Bedingungen für die Industrie.
Steinkohlen werden in solcher Menge gefunden, daß Belgien in dieser Be-
ziehnng unter allen Ländern der Erde den vierten Rang einnimmt. Der
Ackerbau wird in der fruchtbaren Ebene mit großem Fleiße betrieben und
bezieht sich nicht nur auf Getreide, sondern auch auf Handelspflanzen (Tabak,
Flachs, Hanf). Die Viehzucht liefert vortreffliche Pferde und Rinder. In
Bezug auf Industrie ist Belgien einer der ersten Staaten Europas.
Die Hauptprodukte des Gewerbfleißes sind Eisen-, Leinen-, Woll-, Leder- und
Glaswaren (Spiegelglas); die Strohhutflechterei wetteifert mit der italienischen.
Spitzen werden von einer Güte geliefert, welche von keinem anderen Lande
übertroffen wird. Der Handel ist sehr bedeutend und wird nicht nur durch
2 Flüsse, viele Kanäle und vorzügliche Landstraßen, sondern auch namentlich
durch Eisenbahnen gefördert. Kein Land der Erde besitzt ein so dichtes Eisen-
bahnnetz wie Belgien. Der Seehandel geht namentlich von Antwerpen aus.
6. Städte: Brüssel (500 T.) liegt an einem Nebenflusse der Scheide in
der Mitte des Landes, von dem es ein Abbild ist. Es liegt nämlich an der
Grenze der Ebene und des Hügellandes und an der Grenze der romanischen
und germanischen Bevölkerung und besteht aus einer höher gelegenen Ober-
stadt und einer Unterstadt. Die Oberstadt ist der Sitz des Königs, der
Regierung und des Adels, und hier wird französisch gesprochen; die Unter-
stadt ist der Sitz des Handels und der Industrie, und die Umgangssprache ist
die vlämische. Brüssel vereinigt auch in seinen Fabriken die verschiedenen
Industriezweige Belgiens. Am berühmtesten sind die „Brüsseler Spitzen."
(Von der feinsten Sorte kostet 1 m nahezu 200 Mark.) Brüssel ist aber
nicht nur wichtig durch Handel und Gewerbe, welche noch dadurch gefördert
werdeu, daß es der Mittelpunkt des belgischen Eisenbahnnetzes ist, es ist auch
wichtig durch Kunst und Wissenschaft. Das Leben in Brüssel erinnert vielfach
an Paris, weshalb die Stadt auch „Klein-Paris" genannt wird. Brüssel
gehört zu den schönsten Städten in Europa. Unter den Gebäuden zeichnet
sich namentlich das prachtvolle Nathans aus, in welchem Karl V. (1556)
die Regierung niederlegte. Südlich von der Stadt ist das Schlachtfeld
von Waterloo, auf dem Napoleon I. 1815 von den Deutschen und Eng-
ländern geschlagen wurde. — Antwerpen (270 T.) an der Schelde ist die
zweitgrößte Stadt, die erste Seehandelsstadt und die stärkste Festung Belgiens.
Es liegt ziemlich tief im Lande und ist dadurch in naher Verbindung mit
allen Hauptplätzen des belgischen Handels und Gewerbfleißes. Zur Zeit der
Flut können auch Seeschiffe bis in die Stadt fahren. Im 15. und 16. Jahr-
hundert war Antwerpen der Mittelpunkt des Welthandels. Damals galt
das Sprichwort: Die Welt ist ein Ring, und Antwerpen ist der Diamant
darin! — Gent (175 T.) an der Schelde ist der Mittelpunkt der belgischen
Baumwolleninduitrie. Es ist durch eiueu großen Kanal mit dem Meere ver-
banden. Im Mittelalter war die Stadt so mächtig, daß sie allein mit Frankreich
einen Krieg anfangen konnte. Damals stellte sie gegen 80 000 bewaffnete Männer
ins Feld. — Brügge (50 T.) ist Handels- und Fabrikstadt. — Ostende ist
ein besuchtes Seebad und der einzige bedeutende Hafen Belgiens an der
^ee. — Lüttich (160 T.) liegt an der Maas. Die Bewohner beschäftigen
uch namentlich mit Gewinnung von Kohlen und Eisen und Verarbeitung des
letzteren zu Waffen und Maschinen. Die Stadt ist mit dem benachbarten
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