1906 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Jecht, Richard, Stutzer, Emil, Kühn, Albin, Zeitzschel, Emil, Wetzold, Alwin, Schmidt, Oswald
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Görlitz
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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4. Abschnitt, Bewohner.
§ 132.
Stadt, deren Geschicke der Landesherr nach Gutdünken lenkte. Sie
bietet daher viel weniger Anziehendes als vorher. Nur wenn ein
großer Krieg die Gemeinde wider ihren Willen in Mitleidenschaft
zieht, oder wenn einmal ein hoher Herr in den Mauern weilt, dann
nimmt das Bild wieder eigenartigere Züge an.
Hatte der kalte, schlaue Ferdinand I. die Städte mit rauher Gewalt
niedergedrückt, so fanden sie an seinem ältesten Sohne Maximilian Ii.
(1564—1576) einen milden und versöhnlich gesinnten Herrscher. Ihm
war es zu verdanken, daß Görlitz nach und nach seinen verlorenen
Grundbesitz (Penzig), wenn auch mit großen Opfern, wiedergewann
und eine gewisse Selbständigkeit in der inneren Verwaltung zurück-
bekam. Sein Nachfolger Rudolf Ii. (1576—1612) besuchte im Jahre
1577 mit nicht weniger als 1520 Mann und 1029 Pferden
während vier Tagen die Stadt und unterhielt sich eingehend mit dem
berühmten Görlitzer Astronomen und Mathematiker Bartholomäus
Seultetus. Auch sein Bruder und Nachfolger Matthias (1612—1619)
weilte 1611 in Görlitz und lobte es als eine schöne, zierliche, wohl-
gebaute Stadt. Während seiner Regierung begann der 30jährige
Krieg (1618—1648). Was noch an Wohlhabenheit und Bürgersinn
vorhanden war, ging während dieser schrecklichen Zeit zugrunde.
Die Stadt machte Bankrott, und ihre Einnahmen kamen unter
Sequestration. Trotz aller Leiden, die der große Krieg über die Heimat
brachte, hatte er doch die überaus segensreiche Folge, daß die beiden
Lausitzen und somit auch Görlitz (1621, 1623) 1635 an Kursachsen
kamen. Damit wurden sie nicht allein vor der zwangsweisen Zurück-
führung zum katholischen Glauben bewahrt, sondern auch an Deutschland
für immer angeschlossen und dem unheilvollen Einflüsse des tschechischen
Böhmens entrissen.
2. Innere Entwicklung i n den G r u n d z ii g e n.
a) Verfassung.
8 132. Ein „Landvogt", in der Zeit vor den Askaniern Burggraf,
castellanus, praefectus genannt, stand als Vertreter des Landesherrn an der
Spitze der Oberlausitz, die ja ein Nebenland war. Er leitete im Namen des
Landesherrn die gesamte Verwaltung sowie das Kriegs- und Polizeiwesen und
ward vom Landesherrn, dessen sämtliche Hoheitsrechte er als Beamter vertrat,
ernannt, aber die Stände der Oberlausitz („Land und Städte") besaßen das
Recht, ihn anzunehmen oder abzulehnen und sich von ihm einen Revers über
die Anerkennung ihrer bisherigen Rechte ausstellen zu lassen.
Gewöhnlich gehörte der Landvogt einem fremden Herrenstande an.
Starb der Landesherr, so besetzten die Stände die Landesburg in Bautzen und