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1. Görlitzer Heimatkunde - S. 68

1906 - Breslau : Hirt
68 4. Abschnitt. Bewohner. § 141. gegen die Stadtregierung aber als trotzige Widerspenstigkeit frmdgab. So zeigt auch die Görlitzer Geschichte im 14., 15. und 16. Jahrhundert ein gewaltsames Auflehnen der Handwerker gegen den Rat, das freilich 1527 mit dein vollständigen Unterliegen der Zünfte endigte. Was der einzelne Jnnungsmeister schaffte, konnte er nicht, wie heute, beliebig freihändig verkaufen, sondern er mußte es durch die Vorstände der Innung, „die Ältesten" oder „Geschworenen", besichtigen und im Preise bestimmen lassen. Der Verkauf durfte nicht in des Meisters Haus geschehen, sondern nur frei auf dem Markte unter den Augen der Werkgenossen und zugleich der ganzen Gemeinde. Die Häuser der Hand- werker waren klein und wenig tief, und noch heute lassen sie sich vornehmlich in den Gassen, deren Namen auf den Sitz der Handwerker hindeuten, leicht herausfinden. Die Leistungen der Innungen mußten natürlich im Mittelalter die heutige Fabrikarbeit ersetzen. Dadurch, daß ans dem Lande Innungen nach mittelalterlichem Rechte nicht geduldet wurden, war für fortwährende Beschäftigung in der Stadt gesorgt. Unter den etwa 40 Innungen in Görlitz war die mächtigste und ivohl habendste die der Tuchmacher, vielfach einfach „das Handwerk" genannt. „So das Handwerk verdürbe, ivas wäre es dann um die Stadt, das Handwerk ist das meiste Teil der Stadt", so heißt es 1492. 1538 betrug die Anzahl der Tuchmachermeister gegen 200, vorher waren es eher noch mehr. Rechnet man hierzu die Gesellen und Lehrlinge, so wird wohl die Zahl der mit der Tuchbereitung einschließlich der Färberei Beschäftigten damals etwa 1000, mit den Weibern und Kindern etwa 3000 bis 4000 betragen haben, d. h. etwa ein Drittel der Bewohnerschaft.*) Das Tuchmachermittel, das in der neueren Zeit natürlich wegen der Fabriktätigkeit keine Rolle mehr spielt, besteht noch heute und hat sein uraltes Jnnungshaus auf dem „Handwerk". Die anderen Innungen reichten bei weitem nicht an die Bedeutung der Tuchmacher heran, schon deshalb nicht, weil ihre Erzeugnisse sich kaum für die Ausfuhr eigneten. Unter ihnen waren die einflußreichsten die Fleischer und Gerber. Auch die Kleinhändler (Krämer) wurden zu den Innungen gerechnet; sie hatten ihre bestimmten Stände in oder an dem Häuserviereck in der Mitte des Untermarktes und wurden nach diesen Ständen, die unter den „Pudritzen" (Läuben) waren, auch „Pudritzkrämer" genannt. ^ 141. Geistliche. Zu den Bewohnern von Görlitz gehörten mich solche, die weder Kansleute noch Handwerker waren. Von anderen abgesehen, sind vor allem die vielen Geistlichen zu erwähnen, die vor der Reformation sich in der Stadt befanden. Zunächst der Stadtpfarrer, der bis zur Reformation dicht an der Nikolaikirche wohnte und die „Widemnt" besaß, aber kaum die Kanzel bestieg; ihm zur Seite stand der Prediger, gewöhnlich ein jüngerer be- gabter Mann; den Dienst an den vielen Altären, die von wohltätigen Leuten für die Kirchen gestiftet waren, besorgten zahlreiche Kapläne und Altaristen, Solche Stellen bildeten nahrhafte Pfründen, und wohlhabende Bürger machten eigens Vermächtnisse, um ihren Söhnen derlei Einkünfte zu verschaffen. Daneben wirkten die Franziskaner-Bettelmönche, deren Hauptbeschäftigung, die Seelsorge und das Betteln, sie in häufige Berührung mit den übrigen Ein- *) Im Jahre 1700 lebten in (V Lrlitz 500 Tuchmachermeister und 400 Gesellen, 1788 300 Meister, die 5597 Stück Tuch verfertigten.
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