1905 -
Leipzig [u.a.]
: Müller-Fröbelhaus
- Autor: Wauer, Alwin
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Handelsschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
— 45 —
ist Marino noch der einzige Staat im Staate. Es ist Hoffnung
vorhanden, dass das Volk sich in seiner schönen Behausung endlich
auch wohnlicher einrichtet.
19. Spanien und Portugal, a) Die Pyrenäenhalbinsel be-
sitzt viel Hochland und weist nur an der Westküste, am Ebro
und in Andalusien (6 w 37) bedeutendere Tiefländer auf. In den
beiden letztgenannten Gegenden finden wir alle die herrlichen
Naturschönheiten Italiens wieder: blauen Himmel, goldigen
Sonnenschein, schimmernde Früchte. „Fern im Süd das schöne
Spanien", singt der Zigeunerbube voll schmerzlichen Heimwehes,
„Spanien ist mein Heimatland, wo die schattigen Kastanien rauschen
an des Ebro Strand, wo die Mandeln rötlich blühen, wo die heisse
Traube winkt, wo die Rosen schöner glühen und das Mondlicht
goldner blinkt" (Qeibel). Südlich von Andalusien bildet Spanien
ja den südlichsten Punkt ganz Europas. Und hinwiederum
schützt die Sierra-Nevada (3 w 37) durch ihre bedeutende Er-
hebung (3500 m) gegen die allzu verheerende Glut des Südens.
Ausser den Südfrüchten sind die Weine von Porto (9 w 41), Jerez
oder Sherry (6 w 37) und Malaga (4 w 37) weltbekannt. Wir sind
im 3. Weinland Europas. Steigen wir auf die Hochflächen der
Halbinsel hinauf, so suchen wir vergeblich die lieblichen Gärten
Italiens, vergeblich den deutschen Wald und Vogelsang. Statt
dessen finden wir sonnenverbrannte Grassteppen wie in Südrussland,
oft ohne Baum und Strauch. Das genügsame Schaf und die Ziege
gehen hier in grossen Herden ihrer dürftigen Nahrung nach. Und
doch ist das Land allenthalben nicht unfruchtbar, wenn man
es nur mit frischem Wasser berieselt und den Wald nicht schonungs-
los vernichtet. Auch das Erdinnere ist dankbar; Spanien ist das
1. Land des ganzen Erdteils für Blei, Kupfer und Quecksilber und
steht an Mannigfaltigkeit der Bodenschätze in Europa einzig da.
Es hat grosse, noch ungenützte Kohlenfelder. Von Bedeutung sind
die Wälder der Korkeiche. Getreide muss eingeführt werden,
obwohl das Land so ergiebig sein könnte und die Bevölkerungs-
dichte so gering ist.
b) Den Boden mit Geduld und Sorgfalt zu pflegen, dazu ist
der Spanier nicht zu haben. Er will öffentliche Schaugepränge,
Prozessionen und Tänze. Anstatt das nutzbare Rind zu hegen,
hetzt er es in grausamen Stiergefechten elend zu Tode. Da die
Verwaltung eines Landes ebenso mühevoll ist wie seine Bebauung,
so herrscht auch in dieser Hinsicht ein gut Teil Miss Wirtschaft.
„Wer ein Amt hat, der.warte sein!" Der spanische Beamte sucht sich
oft nur zu bereichern. Von der allgemeinen Nachlässigkeit macht
auch die Hauptstadt Madrid (4 w 40) keine Ausnahme, wenn es
hier auch nicht gar so schlimm bestellt ist wie in vielen Städten
Italiens oder in Konstantinopel. Verbrechen aller Art, sogar
Strassenraub sind in solchem Lande keine Seltenheit. Zu dem
allen gesellt sich ein dünkelhafter Stolz, auch kalte Grausamkeit,
die sich schon zu Kolumbus' Zeiten offenbarte und gegenwärtig noch