1888 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Keil, Wilhelm, Laan, A. K. van der, Sprockhoff, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
100 W. Keil, Länder- und Völkerkunde.
und Schönheit. Der Elefant gelangt hier zu einer bedeutenderen Größe als
in Afrika und ist durch feine Zähmbarkeit das nützlichste Haustier geworden.
Unter den Rindvieharten zeichnet sich besonders das Zebu oder der Buckel-
ochs aus, die Schafe von Tibet und Kaschmir tragen die feinste Wolle, die
es giebt. Der Königstiger, der Löwe, der Panther, das Nashorn, unge-
heuere Eber und andere gewaltige Geschöpfe übertreffen die entsprechenden
Arten Amerikas an Kraft und Wildheit, die afrikanischen an Größe. Unge-
mein groß ist die Zahl der Giftschlangen, unter denen die Brillenschlange
die gefährlichste ist, aber nichtsdestoweniger von indischen Gauklern abgerich-
tet wird. Im Jahre 1882 wurden gegen 47 000 Menschen von wilden
Tieren getötet, davon 5/e durch Schlangen, obgleich 320 000 von diesen ge-
gen Prämienzahlung getötet eingeliefert wurden. — Am üppigsten entfaltet
sich das Tierleben in den mit Rohr- und Schilfwäldern (Dschungeln) bedeck-
ten, sumpfigen Gegenden, besonders am Südfuße des Himalaya. Bunt und
lieblich ist die Vogelwelt. Unser Pfau lebt dort wild in den Wäldern. An
tierischen Erzeugnissen jeder Art, wie Seide, Schafwolle, Elfenbein, Schild-
krot, Pfauenfedern, Wachs, Mofchus, Ambra, Perlen, prächtigen Fellen der
Raubtiere u. f. w. ist das Land sehr reich. Die großartig entwickelte Pflanzen-
Welt liefert Reis, Zuckerrohr, Kokosnüsse, Iamswurzeln, Indigo, Betelpfeffer,
Zimmet, Pfeffer, kostbares Nutzholz u. s. w. Auch der Schoß der Erde birgt
wertvolle Schätze, köstliche Edelsteine, wie Rubinen und Diamanten, ferner
Eisen und Steinkohlen. — Wiederholung, nach Verhältnis auch Bear-
beitung als Aufsatz.
4. Bewohner. Die Jndier, allgemein Hindus genannt, sind nicht
die ältesten Bewohner des Landes, sondern wanderten im dritten Jahr-
tausend v. Chr. von Nordwesten her ein und vertrieben nach und nach die
den Negern verwandten Eingeborenen. Nur im Himalaya und auf der Hoch-
ebene von Dekan trifft man jetzt noch geringe Reste von ihnen an. Die
Hindus gehören der kaukasischen Rasse an, unterscheiden sich aber von den
meisten Stämmen derselben durch die gelbliche bis dunkle Hautfarbe und das
fast blauschwarze Haar. — Ihre Sprache, in welcher man heute noch viele
Überlieferungen, besonders großartige Heldengedichte besitzt, hieß Sanskrit,
d. h. heilige Sprache. Der Religion nach waren sie Heiden. Das sind
sie allerdings heute auch noch, doch bildeten sich zwei bestimmte Formen erst
später aus. Die älteste dieser beiden Religionsformen ist der Brahmais-
mus. Brahma ist der oberste, schaffende, Wischnu der erhaltende, Schiwa
der zerstörende Gott. Als heilig gelten auch die meisten, sogar die wilden
Tiere. Die Priester heißen Brahminen, die Tempel sind entweder unter-
irdische Höhlen oder riesige, aus großen Quadersteinen aufgeführte Gebäude,
Pagoden genannt. — Bekannt ist die Einteilung in Kasten.' Priesterkaste,
Kriegerkaste (zu der auch die Könige gehören) und Gewerbetreibende und Die-
nende. Außerdem giebt es noch kastenlose Leute, die als unrein gelten. Der
Unterschied zwischen den einzelnen Kasten mußte bei Vermeidung schwerer
Strafen sehr streng eingehalten werden. Als eine besonders grausame Vor-
schrist muß die Verbrennung der Witwen gelten, die indessen heutzutage von
der englischen Regierung, welche Indien beherrscht, sehr streng verboten ist.
Auch die Scheidung der Kasten kann bei den heutigen Verhältnissen nicht
recht mehr eingehalten werden. — Die zweite, weit mildere Religionsform