1908 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Meeres. Wer den unglaublichen Schmutz nicht scheut, der hier das Pflaster,
die Tische und die Menschen bedeckt, der kann die wunderbarsten Tiere
kennen lernen. Ungefähr hundert verschiedene Arten *) sind hier ver-
treten. Stachliche Seeteufel, schillernde Plattfische, Knurrhähne mit
fingerartigen Kiemenansätzen, stahlblaue Seenadeln, dunkelbraune Rochen
und grüngraue Store**) liegen in Bergen aufgeschichtet; die meisten
leben noch und sind bestrebt, durch Kriechen oder Springen sich aus dem
Staube zu machen. Hier und da hängt ein Schwertfisch oder ein
Katzenhai***) an der Säule, und in den großen Körben, die auf der Erde
stehen, führen riesige Hummern und spinnenartige Taschenkrebse-j-) er-
bitterte Kämpfe. In großen, flachen Gefäßen werden Muscheln-j-j-)
und Meerschnecken aufbewahrt, neben den köstlichen Austern auch die
winzigen Müschelchen, von denen tausend auf ein Liter gehen. Was
das Meer bietet, wird eben in Venedig gegessen. Auch die Haupt-
nahrung des gewöhnlichen Volkes, der Tintenfisch,-j-j-j-) ist in großen
Mengen vorhanden. Ruhig und in regelmäßigen Zügen atmend, liegen
die porzellanartigen Tiere in den Körben der Händler, nur die langen
Fangarme sbild) tasten in schlangenartigen Windungen unruhig umher.
Die Händler aber schneiden erbarmungslos die zähen Fangarme in Stücke
und verkaufen sie so. In Öl gesotten oder gebacken, bilden die Fang-
arme ein Lieblingsgericht der Venetianer. — Wenn wir die Fische oder
Muscheln, die wir auf dem Fischmarkte gesehen haben, einmal kosten
wollen, so brauchen wir nur eine der Fischerkneipen aufzusuchen, die sich
zahlreich am Markte befinden. Wir betreten die erste beste, nehmen uns
aber hübsch in acht, daß wir uus nicht an der niedrigen Tür stoßen,
und setzen uns dann an einen der roh gezimmerten Tische. Der Wirt
erscheint und fragt uns höflich — aber ohne die Pfeife aus dem Munde
zu nehmen — nach unseren Wünschen. Wir bestellen das Gericht, das
der Kellner soeben den Gästen am Nachbartische bringt: „Aragusta
ripiena!" Bald bringt uns ein dienstbarer Geist unser Mahl. Es ist
ein roh gesottenes Schaltier, stachlig wie ein Igel und mit einer Masse
aus gehackten Fischen, Krabben, Muscheln und Kräutern gefüllt. Das
Ganze ist mit einer dicken, gelbbraunen Brühe Übergossen, deren Geruch
trotz des vielen Pfeffers an den Geruch des Schlammes erinnert. Ob
uns das Gericht munden wird? Ich glaube es kaum!
3. Venedig besitzt großartige Bauwerke. — Zu diesen gehört in
erster Reihe die Markuskirche auf dem Markusplatze. Ihre Säulen sind
*) Natürlich werden nur die Arten zu nennen sein, die den Kindern durch
Abbildung oder dergl. nahe gebracht werden formen.
**) Lehmann, Zoologischer Atlas, Bild 27. Farbige Wandtafeln 88/66 cm.)
***) Lehmann, Zoologischer Atlas, Bild 28.
f) Lehmann, Zoologischer Atlas, Bild 33.
+i) Lehmann, Zoologischer Atlas, Bild 36. (Auster.) Dybdahl, Wandtafeln
Nr. 61.
+++) Lehmann, Bild 35.