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1. Außereuropäische Erdteile - S. 17

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 17 — Ii. Was bietet die Reise. 1. Der Aufstieg. Denkt euch, wir bestiegen wohl ausgerüstet in Lima (Zeige und bestimme die Lage!) unsere Pferde. Langsam reiten wir durch die langen und breiten Straßen der Stadt, vorüber an zahl- reichen Kirchen und Klöstern, Läden und Magazinen, Gasthäusern und Schenken und betrachten das bunte Leben. Equipagen mit gold- und silberbetreßten Dienern, fein gepichte Damen und Herren, berittene Poli- zeisoldaten. würdig einherschreitende Priester schaut unser Auge, bis wir die Stadtthore hinter uns haben. Kaum aber sind wir nur fünf Mi- nuten von der Stadt entfernt, so ist alles wie umgewandelt. Die breite Straße verengt sich mehr und mehr und bald ist sie zu einem elenden Pfade geworden, der sich mühsam durch steinigte Schluchten hinzieht. Immer enger, tiefer, öder werden diese Schluchten, die von roten Felsen umschlossen sind. Die Sonne, welche senkrecht auf den feinen Sand niederscheint, der gleich einem Spiegel die Strahlen zurückwirft, macht bei Tage die Schlucht zu einem wahren Glühofen. Mitten unter den Steinen wachsen nur armselige Kaktuspflanzen, kein Vogel, kein Insekt läßt sich sehen. Alles hat diesen dürren, glühenden Boden verlassen. Zuweileu stoßen wir ans die Überreste von Maultieren, die hier unter der schweren Last, die sie zu tragen hatten, vor Hitze oder Anstrengung umgekommen sind und deren bleichende Gebeine uns gleichsam als Weg- weiser dienen. — Immer höher hinauf geht der Weg. Manchmal führt er so nahe am Abgrunde hin, daß nur ein Maultier hinter dem andern hergehen kann und ein einziger Fehltritt uns in die gräßliche Tiefe hinabschleudern würde. Zuweilen erreichen wir eine Höhe, von der aus wir Umschau halten können, aber wir sehen nur Schluchten, die gleich ungeheuren Rissen durch einanderziehen und in der Ferne ein Nebelmeer, aus dem hier und da nackte, dürre Ketten herausschauen. — Unter solchen Anstrengungen verfließen die ersten Tage unserer Reise nach den Cor- dilleren, bis wir endlich am Fuße ihrer Gipfel ankommen. Wir halten in einer armseligen Jndianerhütte eine kurze Nachtruhe und brechen schon kurz nach Mitternacht wieder auf, um das Gebirge zu überschreiten. Eine empfindliche Kälte herrscht auf dem Gebirge, und wir können uns auch nicht durch schnelle Bewegung erwärmen, denn des schwierigen Weges halber können wir nur langsam vorrücken. Wir würden ja über- Haupt nicht reisen können, wenn nicht ein prächtiger Mondschein uns begünstigte und mit mildem Schimmer uns die Wildnis erhellte. Wir haben in Europa keine Nächte, die sich an Klarheit und Reinheit des Himmels mit diesen prachtvollen Nächten in den Cordilleren vergleichen ließen, wo Tausende vou Sternen selbst dann aus der Nacht eine wunder- same Dämmerung machen, wenn der Mond nicht am Himmel steht. Schweigend setzen wir unseren Weg fort. Manchmal sehen wir in der Tiefe einer Schlucht den weißen Schaum eines Waldstromes über Felsen Tischendorf, Fremde Erdteile. 2
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