1896 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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werden, Es nimmt nur einen Mann auf, der vom Boote aus die See-
tiere mit Harpunen erlegt. Die Frauen und Kinder fahren in größeren
Booten, welche auch die Gerätschaften, sowie die Stangen und Seehuuds-
feile zu den Sommerwohnungen aufnehmen müssen. Die Segel zu
diesen großen Booten werden aus Walfischdärmen zusammengenäht. Zur
Winterszeit bringen die Eskimos ihre Boote auf die Dächer ihrer
Wohnungen, wo sie vor den gefräßigen Hunden geschützt sind. (Bild!)
Zur sachlichen Besprechung.
a. Welchen Wert hat der Seehund für die Grönländer?
(Das Fleisch efsen sie, mit dem Felle bekleiden sie sich, überziehen
sie ihre Kähne und Wohnungen, der Speck schafft ihnen Licht in den
dunklen Wintersnächten, die Sehnen dienen als Zwirn, die Gedärme
werden zu Segeln zusammengenäht und zu Fenstern und Hemden ge-
braucht. Tie Knochen liefern allerlei Werkzeuge.)
b. Woher stammt das Holz, das sie zum Bau ihrer Kühne
und Wohnungen verwenden? Grönland ist doch ganz arm an Holz!
(Es ist Treibholz aus den großen amerikanischen und sibirischen Strömen
und wird von den Meeresströmungen herbeigetragen.)
c. Fühlen sich nicht die Grönländer in ihrem unwirtsameu
Lande recht unglücklich? Durchaus nicht! Sie halten vielmehr ihre
Lebensweise für so angenehm, daß sie nicht Lust habeu, sie mit einer
anderen zu vertauschen. Man brachte einmal einige Grönländer nach
Kopenhagen und ließ es ihnen an nichts fehlen. Dennoch sehnten sie
sich nach ihrem Vaterlande zurück, indem sie sagten, in Europa sei keine
recht schickliche Kälte, auch gäbe es ja keine Seehunde daselbst. Nach
kurzer Zeit fingen sie sogar an zu kräukeln. Darum brachte man sie
nach Grönland zurück. Dort in ihren Schmutzhütten, bei gedörrten oder
verfaulten Fischen und Seehuudsthrau wurde ihnen wieder wohl; sie
griffen nach ihren Bogen, Pfeilen und Harpunen, fuhren auf ihren Hunde-
schlitten auf der Eisrinde dem offenen Meere zu, und wagten sich wie
früher in ihren kleinen, mit Fischbein zusammengebundenen und mit
Robbensellen überzogenen Kühnen keck in die sturmbewegte See.
d. Hat denn das eisstarrende Land gar keine Schönheiten
aufzuweisen? Ein herrliche? Schauspiel bieten die langen Winternächte.
Diese sind nämlich nicht nur durch den starken Schein des Mondes und
der Sterne und durch den Wiederschein des Schnees, sondern auch durch
häufige Nordlichter erhellt. Letztere uehmen oft den halben Himmel ein
und sind von dunkler, brennender Blütfarbe. Bald bildet eiu solcher
Nordschein blutrote Feuersäulen, bald feuerfarbige Garbeu, aus deren
Mitte Feuerkugeln oder Strahlen wie Raketen aufschießen. Dabei ist es
so hell, daß man wie am Tage lesen kann. Bei uns zeigt sich selten
ein solches Nordlicht, und dann auch so schwach, daß es keine Vorstellung