1896 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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den letzten zwanzig Jahren vollzogen hat, sieht man am besten an der
Hauptstadt Tokio. (Bestimme die Lage!) Ein Reisender, der diese Stadt,
die eine Million Einwohner zählt, mehrere Male besncht hat, schreibt
über sie:
„Im Hanptteil der Stadt, wo ich früher durch enge, uubedentende
Gassen gewandert war und nichts als einstöckige, schmutzige Holzhäuser
und flitterhafte aber erbärmliche Buden gesehen hatte, da wandelte ich
jetzt eine herrliche, breite Straße entlang, mit bequemen Trottoirs auf
beiden Seiten und einem geräumigen Wagenweg in der Mitte. Zwischen
dem Mittelweg und den Seitenwegen waren zwei Reihen von Bäumen,
Kirschen, Aprikosen, Pflaumen und andere Blüten- und Frnchtbäume
gepflanzt, unterbrochen von Fichten und sonstigem Immergrün. Die
Häuser waren zweistöckig, einige aus Stein, andere aus roteu Ziegeln
gebaut, alle zierlich und geschmackvoll und an der Vorderseite alle mög-
lichen Warenlager und Läden enthaltend, welche sowohl nach ihrem In-
halt als auch uach ihrer Einrichtung europäischen glichen. Hier war
ein Uhrenmagazin mit prächtigen Schaustücken an den großen Fenstern,
dort ein Lager von allerlei Maschinen, darunter eins mit einer voll-
ständigen Dampfmaschine, mit Dampfhammer und Dampfwalzen zur Be-
arbeitung von Eisen; hier eine Reihe von Schaufenstern voll der Herr-
lichsten Glas- und Porzellanwaren, dort große Buchhandlungen mit
allerlei litterarischen Schätzen des Westens: Grammatiken, Wörterbücher,
Lesebücher, Weltgeschichten, Erdbeschreibungen, Romane n. s. w., hier ein
ganzes Heer von Lampen, dort buchstäblich Tausende von Regen- und
Sonnenschirmen, ebenso Kleidermagazine, Weißzeugläden u. s. w. Alles
dieses kam mir wie ein Zauber vor; denn vor zwei Jahren noch war
keine Spur von solch einer Straße in Tokio vorhanden. — Viele Quer-
straßen, ebenso prächtig, wie jene Hauptstraße und dieselbe durchschneidend,
steinerne Brücken u. s. w. waren im Bau begriffen. Alle Straßen waren
eben und sauber, und wie in europäischen Städten beständig durch hin-
und herfahrende Spritzapparate bewässert.
An einer Stelle stieß ich auf eine große Druckerei in voller Thätig-
keit; es war höchst interessant, eine ganze Reihe europäischer Druck-
pressen von japanischen Arbeitern getrieben und unzählige Druckbogen zu
Tage fördern zu sehen, sowie die emsigen Buchbinder zu beobachten
und alles, was sonst noch drum und dran war. Bereits kommen auch
mehrere einheimische Zeitungen heraus. Telegraphendrähte sieht man in
allen Richtungen laufen, und an den belebtesten Plätzen sind Telegraphen-
bureaus. Zum Einwurf frankierter Postsendungen sahen wir in allen
Hauptstraßen Briefkästen und erfuhren, daß das Porto sehr gering und
die Postverwaltung eine sehr gute sei. Auch passierten mehrere Mal Post-
beamte an uns vorbei, welche mit ihren roten Karren und ihren Briefsäcken
im Sturmschritt zwischen Bahnhof und Post hin- und hereilten, wie
daheim bei uns.
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