Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Außereuropäische Erdteile - S. 153

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 153 — ist ein Haustier, dessen Zucht die Tungusen große Aufmerksamkeit schenken, weil es ihnen wie den Lappen beinahe alle Lebensbedürfnisse liefert. Die Kamtschadalen sind kleine, kurzbeinige Leute mit langem, schwarzen Haar und breitem, platten Gesicht. Sie kleiden sich in Felle und nähren sich im Winter von der Jagd, im Sommer vom Fischsang. Nichtsthun ist ihr höchstes Glück. Sie leben so in Sorglosigkeit dah in daß sie oft ganz vergessen, im Sommer einen Fischvorrat für den Win'er zu sammeln. Die meisten Fische essen sie roh und beißen sie gleich nach dem Fange an. Die Hnnde, ihre einzigen Haustiere, erhalten die Gräten. Im Winter spannen sie die Hunde vor den Schlitten, und auf den viel- fach eingerichteten Hundeposten fährt man an einem Tage wohl 150 km weit. Die Wohnungen, früher „Jurten," in welche man durch den Schornstein hineinkroch, gleichen jetzt kleinen Blockhäusern, in denen die größte Reinlichkeit herrscht. Die Stube ist überall, an Decke, Wand und Fußboden, mit schneeweißen Birkendielen bekleidet. Vor den Fenstern findet man sogar Kattunvorhänge, und an den Wänden zuweilen auch kleine Bilder. Die Hausthür ist jedoch so uiedrig, daß der Fremde sörm- lich hineinkriechen muß, während der Eingeborne mittels einer scharfen Rückenkrümmung sich geschickt hindurchwindet. In der Mitte des Dorfes stellt eine kleine Kirche; denn die Kamtschadalen sind getaufte Christen. Dennoch leben sie in großer Unwissenheit und sinsterm Aberglauben dahin. 2. Außerdem wohnen in den Stromthälern, in der Nähe der Erzlager und an der chinesischen Grenze noch zahlreiche Russen, die das Land anbauen, Bergbau treiben, oder den Handel mit China und deu Jägervölkern (Pelztiere!) vermitteln. Diese Russen sind meist Verbannte oder Nachkommen von Verbannten. Seit etwa 3 Jahr- Hunderten herrschte nämlich in Rußland der Brauch, Verbrecher nach Si- birien zu verbannen, und noch jetzt werden jährlich 29-—30000 dorthin gebracht. Ehe der Verbannte die Reise antritt, wird ihm seine Kleiduug genommen und ein „Sträflingsanzug" dafür überreicht. Sein Vermögen fällt dem Staate zu; feine Ehe ist gelöst. Doch steht es den Seinigen frei, ihm in die Verbannung zu folgen. Die Reise wird gewöhnlich zu Schlitten gemacht. Die gelindeste Strafe ist die Verbannung nach einer Stadt. Hier kann sich der Sträfling nach Belieben beschäftigen und sich eine Wohnung mieten; nur darf er eiueu gewissen Umkreis der Stadt nicht überschreiten. Der größte Teil aller Verbrecher wird jedoch in die Kolonieen geschickt. In Abteilungen von 10—20 Mann werden sie einem Dorfe zugeteilt. Jeder erhält ein Stück Ackerland, Samen zur Aussaat, Ackergeräte und einen Bauplatz in der Nähe des Dorfs. Brenn- und Bauholz findet der Kolonist in den nahen Wäldern, und bis er seine Hütte errichtet hat, und die erste Ernte reif ist, muß ihm die Gemeinde Obdach und Nahrung unentgeltlich geben. Die schwersten Verbrecher werden iu den Bergwerken beschäftigt. Sie wohnen in großen kafernen- artigen Bauerhäusern beisammen und müssen täglich 12 Stunden in den
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer