Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Außereuropäische Erdteile - S. 203

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 203 — gestaden, wasserumflossene Häuser, Flüsse mit Schiften, und alles so deut- lich, daß man es für Wahrheit halten möchte. Aber Lichtbrechung und Phantasie spiegeln diese Truggestalten dem Auge vor, um den Dnrsten- den noch mehr zu martern. Der Zag schleppt sich weiter; einzelne Ka- mele erheben ein Angstgebrüll und wollen sich auf deu Sand niederlassen, doch der kräftige Ruck der Treiber reißt sie immer wieder sort. Endlich neigt sich die Sonne zum Sinken. Die Schatten der Ziehenden werden länger und länger und gleiten seltsam hin über die gelbe Fläche. Da plötzlich wirft das Leitkamel den Hals hoch auf und stößt ein wiehern- des Geschrei aus. Es wittert Wasser. Und bald taucht auch wirklich hiuter schützenden Felsenwünden ein liebliches Thal auf, durchrieselt von einein klaren Wässerchen und beschattet von hochaufragenden Dattelbäumen. Zunächst werden die Kamele getränkt, dann werden sie entlastet. Ihrer Bürde ledig, erheben sie sich, um zu weiden. Unterdessen taucht die Sonne am Horizonte hinab und übergießt die weite Wüste einen Angen- blick mit Purpur, um im nächsten Augenblicke zu verschwinden und alles in Dämmerung zu hüllen. Nun werden Zelte ausgeschlagen. Man lagert sich um prasselnde Feuer. Hier neben den Kamelen ruhen die Treiber. Dort kauern Beduiuen. Sie spielen oder plaudern und rauchen dabei aus langen Pfeifen. Vor jenem Zelte aber versammelt sich in buntem Gemisch der Trachten der große Kreis der Reisenden. Araber, Türken, Juden, Europäer. Sie hören einem Derwisch (d. i.?) zu, der aus „Tausend und eine Nacht" erzählt, und die Zuhörer werden nicht müde, den Erzähler zu immer neuen Geschichten anzuregen^) Allmählich nahet Mitternacht. Mächtige Feuer lodern empor. Sie wehren dem Schakal, der heiser bellend das Lager umschleicht. Sonst herrscht tiefe Stille. Alles schläft. Wenn aber die Sterne bleichen, dann erhebt sich die Karawane mit neuer Kraft, um ihre Reise fortzusetzen. Und so geht es Tag für Tag von Oase zu Oase, bis endlich nach monate- langer beschwerlicher Fahrt das ersehnte Ziel, das grüne Thal des Nigers mit dem volkreichen Timbuktu, erreicht ist. (Zeige!) Freilich verläuft nicht jede Wüstensahrt so glücklich. Schon manche Karawane ist von dem entsetz- lichen Glntwinde, vom Samum, überrascht worden und durch ihn zu Gruude gegangen. Über diesen snrchtbaren Feind der Wüstenwanderer erzählt ein Reisender: „Schon mehrere Tage vorher ahnt und weissagt der Wüstensohn diesen Wind von tätlicher Wirkung, denn die Temperatur der Lust wird schwül und anspannend, der Horizont mit einen? leichten rötlich oder blau erscheinenden Dufte überhaucht, da bereits der Wüstensand in der Luft kreist; aber noch bemerkt man keinen Windhauch. Die Tiere werden unruhig und ängstlich, wollen nicht in gewohnter Weise gehen, sondern drängen sich aus dem Zuge heraus, ermatten in kurzer Zeit, stürzen mit *) Hirts Bilderschatz, Bild 35a.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer