1914 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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d. Hat denn das eiskalte Grönland gar keine Schönheiten
aufzuweisen? Ein herrliches Schauspiel bieten die langen
Winternächte. Diese siud nämlich nicht nur durch den starken
Schein des Mondes und der Sterne und durch den Wider-
schein des Schnees, sondern auch durch häufige Nordlichter erhellt.
Letztere nehmen oft den halben Himmel ein und sind von dunkler,
brennender Blutfarbe. Bald bildet ein solcher Nordschein blut-
rote Feuersäulen, bald feuerfarbige Garben, aus deren Mitte
Feuerkugeln oder Strahlen wie Raketen ausschießen. Dabei ist
es so hell, daß man wie am Tage lesen kann. Bei uns zeigt
sich selten ein solches Nordlicht, und dann auch so schwach, daß
es keine Vorstellung gibt von dem blutroten Schein, der fern
im Norden die Winternacht durchloht.
e. Grönland heißt so viel wie Grünland. Beurteile diesen
Namen! (Er paßt gar nicht, denn . . .) Einst hat er aber
gepaßt! Als im Jahre 982 an Grönlands Küste ein von Js-
land vertriebener Mann namens Erik landete, fand er das
Land reich an schönen Weiden, an Pelztieren und allerlei Wild-
bret. Er bewog daher die Isländer, nach dem neuen Lande
überzusiedeln. Nachdem dann sein Sohn eine Reise nach Nor-
wegen gemacht hatte, wurde die Zahl der Ansiedler noch größer.
Ums Jahr 1000 zählte man schon 190 Wohnsitze und mehrere
Klöster. Aber nur wenige Jahrhunderte währte diese Blüte.
Ansang des 15. Jahrhunderts verstummten die Nachrichten aus
jenen fernen Gegenden, und heute erinnern nur noch dürftige
Ruinen an jene Zeit. Auf welche Weise die Einwohner und
mit ihnen der Ackerbau des damaligen Grönlands untergegangen
sind, ist nicht genau zu bestimmen. Wahrscheinlich hat das sich
mehr anhäufende Eis und die dadurch hervorgebrachte Kälte den
Untergang herbeigeführt. Jetzt gibt es nur noch einige, im
18. Jahrhundert gegründete dänische Niederlassungen in Grön-
land. Sie zählen alle zusammen kaum 12 000 Einwohner, fast
nur zum Christentum bekehrte Eskimos, i)
f. Wem verdanken wir die Kenntnis der fernen Eiswelt
Grönlands? Kühnen Männern, die im Dienst der Wissen-
schaft ihr Leben wagten. Eisberge und riesige Schollen drohten
ihre Schiffe zu zermalmen, furchtbare Schneestürme, eisige Kälte,
gefährliche Krankheiten, wilde Tiere, Mangel an Nahrung
stellten ihnen einen frühen, schrecklichen Tod vor das Auge: sie
ließen sich nicht abschrecken. Der Norweger Nansen durchquerte
i) Hans Egede brachte das Christentum nach Grönland. Er war von 1721
bis 1736 unter den Eskimos als Missionar tätig und wirkte auch nach seiner
Rückkehr nach Kopenhagen mit Rat und Tat für die Entwicklung Grönlands
fort, bis ihn der Tod 1758 im Alter von 72 Jahren von der Erde abrief.