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1. Außereuropäische Erdteile - S. 230

1914 - Leipzig : Wunderlich
— 230 — und schlürfen dazu aus Puppentäßcheu behaglich den starken braunen Saft samt feingestoßenem Kaffeegrunde. 3. Da schallen von der Jaffastraße her gellende Töne: die Militär- mnsik rückt an. Golden weht der Halbmond in dem roten, grünen, blauen, violetten Fahnentuch über den roten Fezen von zweihundert tür- tischen Soldaten. Sie ziehen zu der „oberen" Kaserne beim Jaffator, der alten Davidsfeste, um die in den Tagen der Kreuzfahrer so erbittert gekämpft wurde. 4. Den kreischenden Klängen der Militärmusik folgen die dumpfeu Töne der Totenklage. Siehe, da trägt man einen Toten durch das Tor, einen Moslem; eine große Menge Volks folgt dem Leichenzug. Aber welch eine Unordnung und Feierlosigkeit nach unseren Begriffen! Voran schreiten im Halbrund zwei Reihen gemieteter Blinden, die das Glaubensbekenntnis herleieru, damit der Tote es ja nicht vergesse. Sie sind den Nachfolgenden eine Mahnung: „Ihr jetzt Sehenden werdet auch einmal blind den Weg des Todes betreten"! Die Bestellung dieser Ärmsten zum Beten und Klagen gibt aber zugleich Gelegenheit zur Ausübung eines guten Werks. Dann kommt eine Gruppe vou drei zerlumpten Gestalten, in der Mitte der Derwisch, zu beiden Seiten Knaben, alle drei tragen mächtige Palmwedel. Dahinter folgt der gelblackierte, offene Holzsarg mit dem Toten, oben durch leinene Tücher verdeckt, vou den Freunden auf der Schulter getragen. Die Freunde drängen sich zum Tragen und wechseln einander ab; denn nicht umsonst sagt der Koran: „Vierzig Schritte auf den Achseln eine Leiche zu Grabe tragen, bringt Vergebung einer schweren Sünde!" Nun naht das große Leicheugefolge, alle im nachlässigen Alltagsgewande. An ihrer Spitze der Jmäm, der sich durch seinen grünen Turban als frommen Mekka- Pilger und Nachkommen des Propheten ausweist. Er betet vor, und die Meuge leiert ihm in ununterbrochener Eintönigkeit nach: La illaha ill Allah, Mohammed rassul Allah, „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet." 5. Inzwischen haben sich Bettler am Tore eingefunden, eifrig nach Bakschisch ausschauend. Lastträger stehen herum, eines Winkes wartend (Matth. 20, 3); Reittiervermieter suchen uns für ihre lebendige Ware zu erwärmen. Zigaretten-, Limonade- und Früchteverkäufer habeu ihren offenen Stand im Torwinkel aufgetan. Da ist eiu amerikanischer Tourist, forsch den Tropenhelm im Nacken; dort geht eine englische Lady in modischem Kostüm, der blaue Schleier wie eiue Fahne hinter- dreinwehend; hier ist eine französische Nonne mit ihrem mächtigen Kalabreserhut, dort eine deutsche Diakonissin mit ihrem freundlichen weißen Häubcheu; da zieht ein Trupp römischer Priesterzöglinge, an den roten Schärpen kenntlich, einher, und mit ihm kreuzt die Schar farblos gekleideter Waifeumädcheu den Weg, die einem der zahllofen Waisenhäuser iu und um Jerusalem entschlüpft sind. Sie alle, alle treffen sich im Tor, und bald hat sich unser Auge au den Wirrwarr von Farben,
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