1908 -
Trier
: Stephanus
- Autor: Schiffels, Joseph
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
So reich Sibirien an großen Flüssen ist, so arm ist es an großen
Seen. Der größte und wichtigste aller Gebirgsseen und aller Süß-
wasserseen der Erde ist der Baikalsee, der an Größe der Schweiz
gleichkommt. Sein Name bedeutet reicher See; er ist mit Rücksicht
auf den großen Fischreichtum des Sees durchaus berechtigt. Der
Balkasch- und der Aralsee (letzterer so groß wie Bayern) sind
Steppenseen ohne Abfluß.
Da Sibirien größtenteils nicht anbaufähig ist, muß die Beoölkerungs-
zahl eine verhältnismäßig geringe sein. Das Land wird von nur
6,6 Mill. Menschen bewohnt, das macht im Durchschnitt auf 1 qkm
0,5 Einw. Die eingeborene Bevölkerung, welche der mongolischen')
Rasse angehört, wohnt im Norden und Nordosten. Sie beschäftigt
sich mit Jagd, Fischfang und Renntierzucht und führt meist ein
Nomadenleben. Dazu gehören die Samojeden, die Ostjaken, die
Tungusen, die Jakuten, die Tschuktscheu, die Kamtschadalen und die
Kirgisen. Die Samojeden halten sich im Sommer an der Küste des
Eismeeres auf. Es sind meist kleine, häßliche Leute mit grobem,
verwirrtem Haar. Die Frauen tragen es lwie die Tschuktscheu und
Ostjaken) in zwei langen, mit Lederriemen und bunten Bändern durch-
schlungenen Zöpfen. Sie tragen Kleider aus Fellen. Der Reichtum
des Samojeden sind die Renntiere. Er sührt ein fortwährendes Wander-
leben und sucht im Winter in den südlichen Wäldern Schutz. Die
Samojeden wohnen in Zelten, die aus einem spitz zulaufenden, mit
Renntierfellen und Birkenruten gedeckten Stangengerüst bestehen. Östlich
von den Samojeden (im Stromgebiet der Lena) wohnen in Blockhäusern
die seßhaften Tungusen und Jakuten, welche Viehzucht und Jagd treiben.
Die kleinen kurzbeinigen Kamtschadalen (auf der Halbinsel Kamtschatka)
kleiden sich in Felle und nähren sich im Winter von der Jagd und
im Sommer vom Fischfang. Sie huldigen dem Nichtstun und leben
so in Sorglosigkeit dahin, daß sie oft vergessen, im Sommer einen
Fischvorrat für den Winter zu sammeln. Der Hund ist ihr einziges
Haustier. Der größte Teil der sibirischen Bevölkerung sind Russen,
die entweder eingewandert oder von der russischen Regierung zur
Ansiedelung oder Zwangsarbeit dorthin verwiesen werden. Die gelin-
deste Strase für einen nach Sibirien geschickten Verbrecher ist die
Verbannung nach einer Stadt. Hier kann sich der Sträfling nach
Belieben beschästigen und sich eine Wohnung mieten; nur darf er einen
gewissen Umkreis der Stadt nicht überschreiten. Andere erhalten von
der Regierung ein Stück Ackerland, Ackergeräte und einen Bauplatz,
worauf sie sich eine Hütte erbauen müssen.' Die schwersten Verbrecher
werden in den Bergwerken beschäftigt. Sie werden hart behandelt
und erhalten schlechte Kost. Die Russen treiben Acker- und Bergbau
und Handel mit China und den Jägervölkern. Für die Verwertung
der reichen Schätze Sibiriens ist die quer durch Sibirien geführte Eisen-
bahn, die eine Verbindung zwischen Rußland, Sibirien und China
i) Die Mongolen haben eine weizengelbe Hautfarbe, vorstehende Backenknochen,
schief gestellte Augen, schwarzes Haar und ein fast bartloses Kinn.