1908 -
Trier
: Stephanus
- Autor: Schiffels, Joseph
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der Nil sein Wasser und seine Ufer. Vorher hell und durchsichtig,
fließen plötzlich seine Wellen trübgrün und bald braunrot; sie steigen
ununterbrochen über das gewohnte Bett, als rege sich in ihrem Schöße
ein verborgenes Leben Der Fluß wird von den mächtigen Gewittern
geschwellt, welche während der tropischen Regenzeit Tag für Tag ihre
Wassermassen auf das Hochland von Sudan und Abessinien herab-
stürzen. Die Schwellung nimmt in gleichmäßiger Folge derart zu,
daß um die Mitte des Monats August der Fluß in Ägypten seine
Ufer überschreitet und allmählich das ganze Tal bis zum Fuße der
fernen Berge überflutet. Bald ist das Festland verschwunden; die
weite Fläche ist ein Meer, aus dem die Städte und Dörfer gleich
Inseln hervorragen. Während des Monats Oktober beginnt der Nil
in seine Grenzen zurückzukehren und ebenso gleichmäßig, wie er ge-
wachsen, auf den niedrigsten Wasserstand herabzusinken. In den auf-
geweichten Boden streut der Landmann die Saat. Nicht einmal
Furchen braucht er zu ziehen; höchstens treibt er noch seine Ziegen-
herde darüber hin, durch welche er die Körner tiefer eintreten läßt.
Zur Zeit unseres Spätherbstes verwandeln sich die reichgetränkten
Fluren in üppige Getreidefelder. Dann entfaltet Ägyptens Natur ihre
Pracht. Das ganze Niltal ist ein Garten voll Ähren und Blüten.
Berauschend ziehen die Düfte der Orangen und Mimosen, der Lupinen
und der süßen Kleearten durch die Luft, und über dieser gesegneten
Erde wölbt sich in unbeschreiblicher Klarheit das Firmament, wölken-
los bei Tag und Nacht.
c) Abessinien oder Habesch, auch Äthiopien genannt, 540,000 Km
mit ca. 8 Mill. Einw., ist ein stufenweise aufsteigendes Alpenland,
das nach Osten fast mauerartig abfällt. Seine höchsten Erhebungen
(über 4000 in) find baumlos, mit Gras bewachsen und von Herden
belebt. Das Hochland hat viele steilwandige, plattensörmige Einzel-
erhebungen, die als Zufluchtsstätten und Festungen dienen. Das Ge-
birge ist mit zahlreichen Seen geschmückt; besonders ist der Tanasee
zu nennen. Das Klima ist verschieden. In den Talschluchten ent-
wickelt sich eine große Hitze, während einzelne Berggipfel sogar mit
Schnee bedeckt sind. Man baut Baumwolle, Mais, Wein, Getreide u. a.
Im Süden von Abessinien erinnert die Landschaft Kassa an die
Heimat des Kaffeebaumes.
ä) Nubien (d. i. Goldland, weil im Altertum hier viel Gold
gefunden wurde) ist nur in dem 8förmig gebogenen Niltal fruchtbar,
sonst aber ein Steppen- und Wüstengebiet. Die größte Stadt ist
Chartum.
e) Ägypten ist nur im Niltal fruchtbar und erzeugt Getreide,
Reis, Mais, Dattelpalmen und Baumwolle. Hier waren die Menschen
schon in den ältesten Zeiten seßhaft. Die Überschwemmung zwang
zur Anlage der Wohnsitze auf künstlichen Bodenerhöhungen, der
Mangel an Holz zum Bau der Häuser aus Tonerde (Ziegel, vergl.
die Israeliten in Ägypten), während die Tempel und Denkmäler aus
Stein aufgeführt wurden. Der reiche Ertrag der Feldarbeit ernährte
eine dichte Bevölkerung, die jetzt 9,8 Mill. beträgt. Die Bewohner