1897 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nur Kaffee- und Weinhäuser in großer Anzahl, nein, auch Schaukeln,
Karussells und Schaubuden in Hülle und Fülle. Auch für die Eßlust
ist genügend Sorge getragen. Aus glühenden Kohlen oder aus scharf
geheizten Öfchen werden papierdünne Waffeln, in Fett schmorende Kar-
toffeln, duftende Bratwürste oder die von den Franzosen besonders ge-
liebten Cotellettes zugerichtet, während Obst von allen Sorten und Ge-
back in allen Formen in Körben umhergetragen wird. — Die große
Fahrstraße ist mit Wagen und Reitern bedeckt, die Seitenalleen sind von
Fußgängern aller Art bevölkert.
b. Das Palais royal. Dieses großartige Gebäude ist eine Stadt
im Kleinen. In den zahlreichen Kausläden kann man alles kaufen, was
das Herz begehrt: Herrliche Kleiderstoffe, kostbare Waffen, funkelnde
Edelsteine, goldene Uhren, prachtvolle Blumeu. Tie Restaurationsräume
des Palais siud beständig mit Menschen angefüllt, die entweder Zeit-
fchriften lesen, oder sich mit Domino- und Schachspiel die Zeit vertreiben,
oder fröhlich plaudern beim Knallen geöffneter Champagnerflaschen.
Prächtig sind die Speisesäle eingerichtet. Die Wände sind mit großen
Spiegeln bedeckt, die Tischplatten bestehen aus Marmor, große goldene
Kronleuchter hängen von der Decke herab und versenden bei beginnender
Dämmerung ein glänzendes Licht durch die weiten Räume.
5. In Paris blüht das Kunstgewerbe wie in wenig
anderen Städten der Welt. Hier stellt man funkelnde Edelsteine
und köstliche Perlen zu prachtvollen Schmucksachen zusammen. Hier
fertigt man aus Gold und Elfenbein, ans Bronze und aus Kupfer Bild-
fäulen und Figuren aller Art. Hier stellt man Gobelins, d. s. Gemälde-
tapeten her, die bestimmt sind, die Wände der Schlösser oder die vor-
nehmeren Wohnungen zu bekleiden. Hier fertigt man aus Porzellan
schöne Vasen und Lampen, aus Metall reich verzierte Armleuchter oder
kunstvoll eingerichtete Uhren. Hier baut man aus den feinsten Hölzern
prachtvolle Möbelstücke. Hier webt man farbenprächtige Teppiche und
köstliche Shawls. Hier werden auch zierliche Damenhüte, bis zum Ellen-
bogen reichende Damenhandschuhe und tausenderlei Kinderspielsachen her-
gestellt.
Zur Ergänzung:
Nun darf man aber nicht etwa denken, daß Paris nur aus glän-
zenden Straßen und prächtigen Palästen besteht. Es giebt in den Vor-
städten*) auch Hunderte von versteckten Plätzen, Gassen und Gäßchen, die
nicht die geringste Ähnlichkeit mit den stolzen Boulevards haben. Hier
giebt es keine von Bäumen eingesäumten, breiten Trottoirs. Die Straßen
sind eng, dumpf, ohne Luft und Licht; die Fahrstraße besteht nicht aus
Asphalt, sondern ist mit spitzen Steinen gepslastert, über die die Fuhr-
werke mit fürchterlichem Gerumpel hinrasseln. Die Stelle des Trottoirs
*) z. B. Belleville.