1904 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Der Sudán.
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Für die trockenen Küstenstrecken haben die Portu-
giesen schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine dem Klima
und dem Boden sehr zusagende Nutzpflanze, die Kokospalme
eingeführt, die selbst dem dürftigsten Sandstrande noch einen
Wert gibt. Besonders die Senegal- und die Sklavenküste
kommen für den Anbau dieser Palme in Betracht, und strecken-
weise, wie an der Togoküste, ist schon eine große, nach Hundert-
tausenden zählende Menge dieser Bäume vorhanden. Denn die
Kokospalme vermehrt sich am Strande von selbst und wächst
ohne jegliche Pflege, während sie in einiger Entfernung von der
Küste angepflanzt werden muß und dort nicht so gute Früchte
hervorbringt. Sie liefert in ihrem Safte ein erfrischendes Getränk
und in ihrem Fleische eine angenehme Speise. Letzteres wird
getrocknet als Kopra, die bei der Öl- und Seifenbereitung gebraucht
wird, in den Handel gebracht.
Die Urwald- und Buschwaldzone, in der sich auch der
Elefant am meisten aufhält, besitzt viele wertvolle Pflanzen,
die wichtige Erzeugnisse liefern. Es sind vor allem zu nennen
die Ölpalme, von der Palmöl, Palmkuchen und Palmwein
gewonnen werden, die Landolphia-Liane, die das wertvolle
Kautschuk liefert, der Kolanußbaum, dessen Früchte als
stärkendes und anregendes Mittel genossen werden und im Handel
nach den Sudänländern eine große Rolle spielen, der Butter-
baum, aus dessen braunen Kernen die sog. Schibutter hergestellt
wird. Über die zuerst genannte Nutzpflanze mögen einige nähere
Angaben" Platz finden.
Die Ölpalme (Elaesis guineensis).
Die Ölpalme ist eine schlanke Fiederpalme, deren Stamm eine Höhe
von 5—9 m erreicht. Sie liebt ein heißes und feuchtes Klima und kommt da-
her besonders in Urwald- und Buschwaldbezirken vor, wo sie oft große Bestände
bildet. Ihr Verbreitungsgebiet in Afrika läßt sich durch eine Linie umgrenzen,
die vom Kap Verde zuerst in geringerem, später in größerem Abstände von der
Küste von Oberguinea nach dem oberen Nil nördlich vom Albertsee läuft, sich
von dort südwärts hinzieht, das Kongobecken umschließt und, nordwärts umbie-
gend, südlich von der Kongomündung wieder die Meeresküste erreicht.
Jeder Baum bringt in jährlich viermaliger Ernte 600—800 Nüsse hervor,
die in der Fleischschicht ein öliges Fett, in ihren Kernen ein besseres Öl, das
dunkelrot gefärbte Palmöl*) enthalten. Die Rückstände der Palmkerne liefern
ein vorzügliches Kraftfutter für das Vieh und kommen als Palmkuchen in den
Handel. Das Palmöl ist ein so wichtiger Handelsgegenstand Oberguineas ge-
worden, daß die Wasserwege, auf denen es zur Küste gebracht wird, geradezu
die Namen Oil Rivers d. h. Ölflüsse erhalten haben.
Der Ölbaum kommt nicht blos wild vor, sondern wird wegen seines viel-
fachen Nutzens von den Eingeborenen auch angepflanzt. Spendet er ihnen doch
auch den beliebten Palm we in, der durch Einschnitte in den Stamm gewonnen
wird, und Stamm und Blattstiele können beim Bau der Wohnhütten nützliche
Verwendung finden. Mit vollem Rechte wird daher die Ölpalme der „Freund
des Negers" genannt.
*) In jüngster Zeit wurde infolge eines Preisausschreibens des deutschen
kolonialwirtschaftlichen Komitees eine Maschine erfunden, die eine viel bessere
Ausnutzung des Olgehalts der Früchte der Ölpalme ermöglicht.