1904 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
m
Afrika.
segl un g Afrikas durch die beiden Genuesen Vivaldi i. J. 1291
war längst vergessen, als der Portugiese Bartholomen Diaz
i. J. 1487 den Punkt erreichte, wo die afrikanische Küste ostwärts
umbiegt. Er nannte die südlich von Kapstadt weit in das Meer
vorspringende Landspitze das „Cap tormentosa" = das „Stür-
mische Kap", weil bei seiner Ankunft starke Stürme herrschten.
Der König von Portugal aber änderte diesen, die Seefahrer ab-
schreckenden Namen in den verheißungsvoll klingenden ,,Kap der
guten Hoffnung". Zehn Jahre dauerte es dann, bis der Portu-
giese Vasko de Gama in den nämlichen Gewässern erschien.
Nachdem er an der Küste des jetzigen Natal das Weihnachtsfest
des Jahres 1497 gefeiert hatte, die er deshalb Küste natalis
nannte, setzte er die Seereise weiter nach 0 fort und vollendete
die erste Umseglung Afrikas, die der Welt zur allgemeinen Kenntnis
gelangte, und die, da sie zugleich zur Auffindung des See-
wegs nach Ostindien führte, ein Ereignis von weittragender
Bedeutung wurde. Der Weg Vasko de Gamas wurde zu einer
Völkerstraße und das Kap der guten Hoffnung, das einen
wichtigen Haltepunkt auf demselben bildete, der Ausstrahlungs-
punkt der Kultur für ganz Südafrika.
Kapstadt und der Tafelberg.
Wir landen an der vor den Stürmen wohlgeschützten Taf e 1 bai. Lange
lenkten schon auf dem Meere hochragende, seltsam geformte Berggestalten unsere
Blicke auf sich. Wagerecht wie eine Tafel schneidet die gewaltige Felsmasse
des einen Berges in der Höhe ab. Wie ein riesiger Felskopf ragt ein anderer
Berg aus dem Plan der Landschaft heraus. Jener tafelartig gestaltete Berg
ist der berühmte Tafelberg, sein Nachbar der vielgenannte Löwenkopf.
Der dritte Berg, der eins der großartigsten Landschaftsbilder der Erde formeu
hilft, ist der Teufelsberg. Zu ihren Füßen im S und westlich und östlich
bis in weite Ferne glänzt das Meer. Auf dem sich verflachenden Strande aber
liegt, angelehnt an diese trotzigen Berggestalten und mit dem Gesichte hin-
blickend nach dem weiten Meere, das weite Häuserbild von Kapstadt. Seine
rechtwinkelig sich schneidenden, geradlinigen und breiten Straßen zeichnen sich
deutlich ab, und zahlreiche Kirchen ragen empor, die aber im Vergleich zu den
riesigen Berggestalten so winzig erscheinen, als wären sie nur da, um deren
Riesenhöhe deutlich zu machen. Doch auch die Wolken des Himmels eilen
herbei, um .unser Vorstellen zu beflügeln. Auf die langgestreckte Platte des
trotzigen, grünbetupften Tafelberges senken sie sich nieder. Seine erhabene
Tafel deckt sich mit riesigen Wolkentüchern, und die gefransten Zipfel der-
selben flattern um die Felskanten. Dieses Tischdecken des Tafelberges, wie
man die Erscheinung in Kapstadt nennt, ist der Vorbote des lungenstarken
Südostwindes. Es dauert nicht lange, und er bricht los mit furchtbarer
Gewalt. Eine solche Stunde war es wohl, als Diaz am Kap der guten Hoffnung
ankam und dieses das „Stürmische Kap" taufte. Drei Tage wütet gewöhnlich
der Sturm. Am ersten Tage fegt er, wie Böttcher schreibt, nur Staub, am
zweiten Kiesel, am dritten Steine vor sich her. Auch im Hafen wird der Auf-
ruhr los, und das Getöse vom wuchtigen Anprall der zerstäubenden Meereswogen
erfüllt unser Ohr.
Kapstadt macht mit seinen säubern, zum Teil prächtigen Straßen, mit
seinen stattlichen öffentlichen Gebäuden, mit seinem schönen botanischen Garten
und seiner freundlichen Umgebung einen ganz neuzeitlichen Eindruck. Das
Geschäfts- und Handelsviertel liegt an der durch den Löwenkopf gegen die
Weststürme geschützten Westseite. Nur der Straßenverkehr verrät uns, daß