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1. Die außereuropäischen Erdteile nebst den deutschen Kolonien - S. 125

1904 - Trier : Lintz
Westasien. 125 Europa ist, nur wenig mehr als 30 Mill. E. zählt. Diese Zahl kann noch etwa um die gleiche, höchstens aber bis zur dreifachen wachsen, wenn hier und da auch die Industrie als Erwerbszweig helfend hinzutritt. Fast überall in Westasien hat die künstliche Bewässerung die nämlichen Siedelungsbilder hervorgerufen: in- mitten einer meist ganz öden Umgebung liegen die im Grün eines Waldes von Fruchtbäumen vergrabenen Städte. An diese natür- lich bedingte Siedelungsweise knüpfte sich eine weitere Folge- erscheinung des wirtschaftlichen Lebens. Die weite Entfernung der Siedelungen von einander und die unwirtliche Natur ihres Zwischengebietes bedingten eine Verkehrsform, die die Verkehrs- schwierigkeiten leicht zu überwinden vermochte. So entwickelte sich, ähnlich wie in der Wüste Sahara, in vielen Gebieten West- asiens ein Karawanenverkehr, der mit Hilfe des Kamels unter- halten wurde und sich meist auf altgewohnten Linien bewegte. Als die wichtigste Karawanenstraße Westasiens darf wohl die Route bezeichnet werden, die aus den ehemals sehr reichen Gebieten Mesopotamiens durch das Passageland Syrien auf kürzes- tem Wege nach der Küste des Mittelländischen Meeres führte. Auf zwei Wegen konnte die syrische Küste erreicht werden. Ein Teil des Warenverkehrs benutzte die nordsyrische Pforte, indem er sich am Rande der nordmesopotamischen Ebene längs des Südfußes des armenischen Hochlandes bewegte und in alter Zeit über Antiochia, heute über Aleppo in das Orontes-Tal einlenkte; der andere Teil bog schon am mittlem Eu- phrat nach W ab und gelangte über Palmyra (die Oase Tedmur) und Da- maskus und von dort am Südende des Sees Genezareth vorbei, sowie durch die Kison ebene beim Vorgebirge Karmel ans Meer. Wie schon Vorangehendes erkennen läßt, hing die Kultur- entwicklung in Westasien zu allen Zeiten aufs innigste mit der Ausnutzung des fließenden Wassers für künstliche Be- wässerung zusammen. Emporwachsende Staaten haben mit großen Schwierigkeiten, eine größere Volksmenge ernähren zu können, kämpfen müssen. Diese Schwierigkeiten verlangten eine sehr vollkommene Ausbil- dung sowohl der technischen Hilfsmittel als auch der staatlichen Einrichtungen, und das mag am meisten die Kulturhöhe er- klären, welche die alten westasiatischen Reiche, besonders B ab y - Ionien, Assyrien und Per s i en, so frühzeitig erreicht haben, daß wir glauben, die Wiege der menschlichen Kultur in Westasien suchen zu dürfen. Viele Errungenschaften west- asiatischer Kultur verbreiteten sich über Südeuropa und Nord- afrika. In Westasien leuchtete das Licht des Christentums auf, nahm der Islam seinen Ausgang, das Land ist die Heimat des Weizens, des Wein stock s, des Ölbaums, der zahmen Kastanie, des F lachsbaus, der Datt elpalme, des Kamels (Dromedars). Während durch diese Segnungen europäische und afrikanische Völker zu einer höhern Kultur gelangten, konnte diese in Westasien selbst zugrunde gehen, fast ohne Spuren zu hinter- lassen, weil ihre Blüte zu ausschließlich auf Kulturarbeit, auf er-
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