1904 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
132
Asien.
liehe Rückgrat Ostasiens bezeichnet werden, das bis tief in China
hinein zu verfolgen ist und sich wie einen Keil zwischen dessen
zwei große Ströme, den Jangtsekiang und Hoangho, schiebt. Nach
No zweigt sich von ihm der Altyntag ab, dessen östliche Fort-
setzung das mächtige, aus vielen Ketten bestehende Nanschan-
Gebirge ist.
Etwas südlicher setzt sich an das Pamirplateau das Falten-
system des gewaltigen Himalaya an, als dessen kurzer Nebenzug
das Karakorúm (= schwarzes Gebirge) mit dem Dap sang
(8 600 m), dem zweithöchsten Berggipfel auf Erden, erscheint.
Gleich dem Karakorum hat auch der Himalaya (= Schneesitz)
eine südöstliche Richtung, die aber allmählich in eine östliche über-
geht. So bildet der fast 2 400 km lange und 2—300 km breite
Gebirgszug, der einen mehr als dreimal so großen Raum als die
Alpen einnimmt, einen nach S gerichteten Bogen. Die Schnee-
grenze liegt auf seiner Nordseite in 5000 m Höhe, auf der sehr
niederschlagsreichen Südseite 800 m tiefer. Der Hauptgipfel des
Himalaya und der höchste Berg der Erde ist der Gaurisankar
(8 840 m).
Trotz seiner ungeheuren Höhe und wilden Zerrissenheit ist der Himä-
laya, das riesenhafteste aller Gebirge auf Erden, viel jüngeren Ursprungs
als viele andere Gebirgszüge; denn er bildet ein Glied, und zwar darf man
sagen das Hauptglied der mächtigen, ostwestlichen Erdfalte, die sich während
der Tertiärzeit durch ganz Asien und Europa gebildet hat und vom Stillen
O/.ean bis zum Atlantischen Ozean reicht. Besonders auf der Südseite, wo sein
Riesenwall unvermittelt dem Tieflande entsteigt, bietet er einen großartigen An-
blick dar. Wie Kulissen, jede folgende höher emporsteigend als die vordere,
bauen sich dort seine zahlreichen Ketten, die sich aus Sandstein, Kalk,
Schiefer und Gneis, durchbrochen von Granit, zusammensetzen, hinter-
einander auf, bis endlich, ganz in eisgepanzerter Landschaft, die Hauptkette er-
scheint. Hinter dieser ragt noch eine zweite Hauptkette auf, und zwischen
ihnen durchfließen die nach Indien hinabströmenden Flüsse große L än g s täl e r.
Eine reiche Gipfelbildung zeichnet das Himálaya-Gebirge aus. Mehr als
50 Gipfel ragen höher als 6000 m, viele höher als 8000 m empor. Von den
letzteren seien außer dem Gaurisankar (oder Mount Everest) noch dpr
Kantschindschinga (8580 m) und der weiter westlich gelegene Dhawa-
lagi r i (= Weißberg, 8175 m) genannt. Kein Paß der Himálaya-Kette geht tiefer
als 4 800 m hinab, und hei einer Überschreitung des ganzen Gebirges sind deren
mehrere, von Kaschmir bis Jarkand z. B. 11 Pässe, zu überwinden.
Auf der Nordseite des Pamir beginnt als drittes Haupt-
faltensystem Zentralasiens der nach Ono gerichtete Tiénschan
(= Himmelsgebirge), dessen höchste Gipfel bis über 7000 m em-
porsteigen. Er besteht aus zahlreichen Ketten, so daß seine
mittlere Breite 370 km oder doppelt so viel wie die der Alpen
beträgt. Große Längstäler sind zwischen den Gebirgsketten
eingesenkt. Infolgedessen ist der Verkehr von W nach 0 erleichtert,
der von S nach N aber erschwert. Trotzdem findet dort', wo der
Tiénschan sich an das Pamirplateau angliedert, über den Terek-
Da wan-Paß (3730 m) auf beschwerlichen Hochgebirgspfaden ein
bedeutender Handelsverkehr mit der alten Handelsstadt Kaschgar
statt. Von der Überschreitung des westlichen Tiénschan auf dieser