1904 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Hoch- oder Zentralasien.
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oder gar 7000 m emporragen, durchzogen. Aber der Sockel, auf
dem diese Gebirge sitzen, liegt selbst durchschnittlich 4000 m hoch.
Am tiefsten liegt das Becken von Tsaidam, das nordöstlich
vom eigentlichen Hochland von Tibet zwischen dem Kuenlun, dem
Altyntag und dem Nanschan eingesenkt ist. Der östliche Ab-
schluß von Tibet wird von zahlreichen mächtigen Faltengebirgen,
die im Innern des Hochlandes ihre Wurzel haben und später nach
So in Hinterindien hinein umbiegen.
Nördlich vom Hochland von Tibet, zwischen dem Kuenlun
im S, dem Mustagata (Kisiljart) oder Ostturkestan im W und
dem Tiénschan im N liegt das Tariuibecken. Es hat eine viel
sichere Lage von durchschnittlich nur 1000 m Höhe. Seine tiefste
Stelle ist der mehr und mehr durch Verdunstung verschwindende
Lob nor, der nur 810 m hoch liegt.
Nach No setzt sich an das Tarimbecken das durchschnittlich
1200 m hoch gelegene Hochland (1er Mongolei an, deren süd-
lichster und niedrigster Teil die Gobi (—Wüste) bildet. Im Nw
wird die Mongolei vom Altai, dem Changai-, dem Jablonoi-
Gebirge und andern Erhebungen begrenzt, während im 0 das
von N nach S gerichtete Chingan-Gebirge einen Abschluß
herstellt. Wie auf dem Hochland von Tibet treten auch im Innern
des Tarimbeckens und der Mongolei noch zahlreiche Erhebungen,
die Reste früherer Gebirgszüge, auf. Die am tiefsten ge-
legene Stelle, zugleich von ganz Zentralasien, ist die Senke von
Tur fan am Südfuße des Tiénschan, die bis 30 m unter den
Meeresspiegel reicht.
Der Hanhai, das frühere asiatische Mittelmeer.
In der Tertiärzeit war Zentralasien noch nicht so hoch gehohen wie
heute. Ein großer Teil desselben, nämlich das Tarimbecken, der ganze Süden
der Mongolei und das Tsaidambecken, war damals sogar von einem seichten
Meere bedeckt, dem man den Namen H an h ai (= trockenes Meer) gegeben
hat. Dasselbe entsprach in mancher Hinsicht dem heutigen Mittelländischen
Meere zwischen Europa und Afrika. Es hatte ebenfalls eine größere Aus-
dehnung von W nach 0, und ferner befand sich in der Mitte, wo Tiénschan
und Nanschan sich nähern und das Tarimbecken zur Gobi übergeht, eine Ein-
schnürung, die der Straße von Sizilien entsprach.
Aus dem Meere ragten außer den hohen Ketten des Tiénschan und Nan-
schan zahlreiche gebirgige Inseln hervor, oder es bestand sogar nur aus vielen
größeren und kleineren Seen und Seenreihen. Als Ablagerungen hinterließ der
Hanhai rote Tonschichten, die teils von der Abnagung der felsigen Ufer
der zahlreichen Inseln, teils von der Abtragung der Gebirgszüge herrührten.
An mehreren Stellen liegen dieselben jetzt in bedeutender Höhe, selbst in der
Region des ewigen Schnees. Hieraus geht hervor, daß sich im Gebiet dieses
asiatischen Mittelmeeres später die gebirgsbildenden Vorgänge wiederholten, die
das Oberflächenbild Zentralasiens gestaltet haben. Neue Gebirgsfalten wurden
hervorgepreßt, schon vorhandene höher getrieben, und das ganze Gebiet begann
sich zu heben. Der Hanhai, das frühere Meer, zerfiel hierbei in seichte,
getrennte Seen. Das größte Seebecken befand sich wohl an der Stelle der
heutigen Grabensenkung am Südfuße des Tiénschan. Viele der Seen sind voll-
ständig ausgetrocknet, andere, die genügenden Zufluß haben, bestehen noch.
Auch den K u k u n ö r, südlich vom Nanschan, hält man für einen Rest des
frühern asiatischen Mittelmeeres.