1918 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 321
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Iv. Wem ist es zu danken, daß Preußen heute
keine nnwirtsame, unfruchtbare Landschaft mehr ist?
Der Dank gebührt zunächst
1. dem deutschen Ritterorden.^) Der deutsche Ritterorden
war ein Ritterbund, der zur Zeit der Kreuzzüge von einem Sohne
Rotbarts gestiftet worden war und die Eroberung des heiligen Landes
und die Pflege verwundeter Kreuzfahrer zum Zweck hatte. Im Anfange
des dreizehnten Jahrhunderts kam eine Anzahl Ordensritter von
Jerusalem nach Deutschland. Sie sagten, es sei auch ein verdienstvolles
Werk, die Heiden im Norden Deutschlands zu bekehren und dem Deutschen
Reiche zu unterwerfen, es sei dies so ehrenvoll, wie der Kampf im
fernen Morgenlande mit den Türken, Sarazenen und Arabern. Freilich
hatten sich die Ritter ein gar schweres Werk vorgenommen. Inwiefern?
(Es galt ja, die Wälder und Heiden Preußens in fruchtbares Ackerland
umzuschasfen, die heidnischen Bewohner zu bekehren und sie daran zu
gewöhnen, die friedlichen Beschäftigungen des Ackerbaues und Handels
zu betreiben.) Doch die Ordensritter gingen mit Eifer an ihr Werk.
Ich kann euch nicht alle Heldentaten erzählen, die die Ritter unter
ihren Hochmeistern oder Ordenskomturen, so nannte man ihre Vorsteher,
verrichtet haben. Nur das sei bemerkt, daß der blutige Streit, den die
Ritter mit den alten Preußen führen mußten, fünfzig lange Jahre
währte, also viel länger dauerte als der Kampf, den Karl der Große
mit den heidnischen Sachsen führen mußte. Die alten Preußen, welche
ihr Land und ihre Sitten liebten, wollten eben weder von den Ordens-
rittern, noch von der christlichen Religion etwas wissen, sie unterwarfen
sich erst, als ihre besten Anführer getötet waren, Als die Preußen sich
unterworfen hatten, konnten die Ordensritter ihre segensvolle Tätigkeit
voll und ganz entfalten. Es wurden Städte angelegt, z. B. Thorn und
Grandenz (Zeigen!), fleißige deutsche Handwerker in diese Städte heran-
gezogen, deutsche Bauern gewonnen, welche die unterworfenen Bewohner
des Landes lehrten, wie man auf dem urbar gemachten Boden Getreide
und nützliche Pflanzen bauen könne; selbst der Weinstock ward hierher
in dieses rauhe Land verpflanzt und gedieh so prächtig, daß der Wein
der Ordensritter damals weit und breit berühmt war. Der Hauptfluß
des Landes, die Weichsel, ward eingedämmt und das an einem Arme
des Flusses, an der Nogat, erbaute Schloß Marienburg so wunderbar
verschönert, daß es heute noch zu den herrlichsten Bauwerken der alt-
deutschen Baukunst gezählt wird. Besonders berühmt ist noch heute die
große Halle des Schlosses, in der sich alltäglich der Hochmeister und
seine höchsten Beamten, sowie die Ordensritter versammelten, um mit-
einander zu verkehren, um gemeinschaftlich zu essen und zu trinken oder
sich am Damenspiel und Schachbrett zu ergötzen. Diese Halle hieß der
1) Benutzt Dr. Vogel, Deutsche Geschichte.