1918 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 321
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 123 —
Wolle, ihren Pelz und ihre Haare hergeben müssen, vom heimischen
Schafe bis zum fernen Kamele, vom heimischen Kaninchen bis zum rus-
fischen Zobel, vom heimischen Zicklein bis zum amerikanischen Büffel.
Wer noch nie eine Messe sah, kann sich keine Vorstellung von der Menge
der Waren machen.
1. Die erste Woche ist dem Großhandel gewidmet und heißt Vor-
oder Mustermesse. Da füllen sich die Straßen, Höfe und Durch-
gänge der Häuser mit Menschen; jeder Winkel wird mit Waren
besetzt; überall hängen Plakate. Mancher Leipziger Kaufmann
räumt dann sein „Gewölbe" einem fremden Verkäufer ein;
manche Familie zieht sich auf Küche und Kammer zurück, um
die Zimmer an Leute zu vermieten, welche ihre Muster aus-
stellen wollen. Da findet sich dann wohl im Torwege eine
Ausstellung von Glaswaren, im Erdgeschoß ein Musterlager
von Spielsachen, im ersten Stockwerk eine Ausstellung von
Lederwaren, im Hofe ein Ofenlager, im Holzschuppen eine
Zusammenstellung von Korbwaren. Da die Gasthöfe den
Menschenstrom nicht fassen können, so hat jeder Leipziger das
Recht, Meßfremde zu beherbergen. Kommen doch durchschnitt-
lich 25000 Fremde auf Tage und Wochen nach Leipzig.
Aber noch größer ist die Zahl derjenigen, welche nur einen
Tag bleiben und mit den Abendzügen zur Heimat zurückreisen.
Da ist ein Gewühl und ein Gewimmel, ein Laufen und
Fahren, ein Wandel und Handel an allen Ecken und Enden.
Oft hat man Mühe, durch das Getümmel von Käufern, Gaffern
und Packträgern, Droschken und Karren hindurch zukommen. —
Von den Ausstellern stammt nur ein kleiner Teil aus Sachsen.
geschäft noch größer, als die der Themsestadt: Leipzig bildet den eigentlichen
Sammelpunkt des Pelzhandels der Welt. Die Warenhäuser Leipzigs erhalten rohe
und halb zugerichtete Pelze aus Sibirien, dem europäischen Rußland, Amerika,
Australien und China. Man schätzt nach der „Russia" den Umsatz Leipzigs in
Pelzwaren auf 60—70 Mill. Mark jährlich. Der Hauptartikel ist roher Astrachan
aus der Bochara, der über Nishni-Nowgorod kommt. Hiervon werden etwa eine
Million Häute eingeführt, von denen jede 4—61/2 Rubel wert ist. Rechnet man
die Kosten des Gerbens und Zurichtens sowie den kaufmännischen Handelsgewinn
hinzu, so gelangt man zu einer Gesamtsumme von 12—15 Mill. Mark. Den
zweiten Rang nimmt der Zobelpelz ein, von denen jährlich gegen 50 000 Stück
tnt Preise von 100— 200 Rubel und darüber eingeführt werden. An dritter Stelle
ist der Fuchspelz zu nennen Von ihm gehen jährlich etwa 30 000 Stück ein,
um gegerbt und gefärbt zu werden. Lammhäute sind mit 1 Million jährlich ver-
treten. Früher verarbeitete Leipzig über 4 Millionen russische Eichhörnchenfelle,
die meist in England gekauft wurden. Als aber die Mode der langen Pelz-
besätze auf den Damenkleidern verschwand, ging der Bezug auf 2 Millionen Stück
zurück. Die Schweife werden als Imitationen von Marder- und Zobelschweifen
verarbeitet, meist zu Boas. Weißfuchsfelle kommen jährlich für 2 Mill. Mark
nach Leipzig.