1918 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 321
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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I. Daß wir im Weltkriege aushalten und durchhalten konn-
ten, verdanken wir in erster Linie der deutschen Landwirt-
schaft.
Als wir von aller Zufuhr aus anderen Ländern abgeschnitten waren,
lebten wir von den Erzeugnissen der heimischen Landwirtschaft. Fassen wir
ihre beiden Hauptbetriebszweige, Ackerbau und Viehzucht, einmal näher ins
Auge.
1. Der Ackerbau. Fast die Hülste des deutschen Bodens ist landwirt-
schaftlich nutzbar gemacht. Im Kartoffelbau und Zuckerrübenbau übertrifft
Deutschland alle Länder Europas, im Getreidebau wird es nur durch das
Riesenreich Rußland übertroffen, dessen Ackerfläche fünfmal so groß ist wie
die deutsche. Und dabei ist der deutsche Boden nicht etwa überall von großer
Fruchtbarkeit. Neben fruchtbaren Gebieten (Marschen, Weichseldelta, Leip-
ziger Ebene, oberrheinische Tiefebene, Neckar- und Maintal usw.) haben wir
auch Gegenden kennen gelernt, in denen der Feldbau wegen des sandigen,
sumpfigen oder steinigen Bodens oder wegen der Ungunst der Witterung
wenig lohnt. (Heide- und Moorflächen Westdeutschlands, Eisel und Rhön,
Pommersche Seenplatte usw.) Aber überall weiß der deutsche Bauer durch
seine angestrengte und wohlüberlegte Arbeit (Düngung, Verwendung von
Maschinen, Entwässerung und Bewässerung!) dem Boden Frucht abzu-
ringen^). Ja, er begnügt sich nicht damit, dort zu ernten, wo seine Vorfahren
geerntet haben, sondern vergrößert seine Ackerfläche immer mehr, indem er
Sümpfe und Moore austrocknet, Brüche urbar macht, Sandflächen in Acker-
land umwandelt. Wieviel Ödland ist während des Weltkrieges urbar ge-
macht worden!
2. Auch die Viehzucht steht in Deutschland in hoher Blüte. Durch
die verständige Zucht und Pflege, welche der deutsche Bauer seinem Vieh-
bestand zuwandte, und durch weise Maßregeln der Regierung (Bekämpfung
der Viehseuchen, Errichtung von Wiesenbauschulen und Tierarzeneischnlen
usw.!) hat die deutsche Viehzucht die Englands und Frankreichs weit über-
flügelt. Während im Jahre 1873 Deutschland nur 3,3 Mill. Pferde, 15,7
Mill. Rindvieh, 7,1 Mill. Schweine und 2,3 Mill. Ziegen zählte, hatte es
40 Jahre später (1913) 4,5 Mill. Pferde, 21 Mill. Rindvieh, 25,6 Mill.
Schweine und 3,5 Mill. Ziegen auszuweisend) Die deutsche Viehzucht ist
infolge dieses gewaltigen Zuwachses nicht nur für die Volksernährung (Fleisch,
Fett, Milch, Butter, Käse), sondern auch für die Industrie (Wolle, Häute,
Haare, Därme) von großer Bedeutung geworden. Freilich hatte der Vieh-
züchter während des Krieges einen schweren Stand, da er aus dem Auslands
keine Kraftfuttermittel mehr beziehen konnte. (Mais, Futtergerste, Pal-
1) Der Ernteertrag hat sich im Verlaufe der letzten drei Jahrzehnte fast ver-
doppelt.
2) England zählte 1913:10,6 Mill. Rinder, 3,2 Mill. Schweine, 2 Mill. Pferde
und 0.2 Mill. Ziegen.