1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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worden sind, in die Gebirgsbäche, die schäumend und brausend von der
Höhe durchs tiefe Tal hinab zum Rheine oder zum Neckar rauschen.
Dort, wo die Bäche in den Strom münden, werden die Stämme mit
Hilse von Ketten und eisernen Klammern zu einem Floß verbunden.
Zunächst werden kleine Flöße zusammengestellt und diese dann wieder
zu einem großen Floße vereinigt. Die auf dem Rheine stromabwärts
schwimmenden Flöße sind dann oft so groß, daß 30 bis 40 Personen
zum Lenken nötig sind. In roter Weste, weißen Hemdärmeln, mit
breitkrämpigem Hut und hohen Wasserstiefeln stehen die Flößer aus
dem schwimmenden Walde, der sie den Rhein hinab an Städten und
Dörfern, Schlössern und Bergen vorüberträgt bis ins ferne Holland,
wo die Leute anders reden als wir. Hier in Holland werden die Flöße
verkauft. Das Holz wird als Brennholz, als Bauholz oder zum
Schiffsbau verwendet. Gar manche Tanne, die früher von den Bergen
des Schwarzwaldes hinansgeschaut hat in die weite Welt, geht dann als
Mastbaum aus mächtigem Seeschiff in ferne Länder. Die Flößer aber
kehren mit der Eisenbahn in ihre Heimat zurück, um bald darauf auf
einem neuen Floß wieder den Rhein hinabzuschwimmen.
3. Auch Köhler gibt es im Schwarzwald in großer Zahl. Oben
auf den Bergen oder unten im Tale haben sie ihren Meiler erbaut, von
dem bläulicher Rauch emporwirbelt oder dicker Qualm aufsteigt, wenn
der rußige Mann mit seinem Schürbaum Löcher in den Mantel stößt.
4. Ferner fehlt es auch nicht an Harzscharrern und Peel)-
siedern im Schwarzwalde, die mit scharfem Eisen die Rinde der Nadel-
bäume anreißen, um das goldgelbe Blut der Bäume, das Harz, zu gewinnen
und daraus Pech zu bereiten für Schuhmacher, Böttcher oder Schiffer.
5. Weiter stellt man aus dem Holze der Nadelbäume auch Musik-
instrumente und Holzgercite her. Die Musikinstrumente des
Schwarzwaldes gehen — ähnlich wie die aus Markneukirchen und
Klingenthal im Erzgebirge — in alle Welt.
6. Endlich fertigt man auch Uhren im Schwarzwald. Mau stellt
nicht allein ganz einfache Wanduhren her, die für Bauernstuben bestimmt
sind, fast ganz aus Holz bestehen und sogar hölzerne Räder besitzen,
sondern auch künstlichere und zierlichere Werke. So stammen z. B. die
niedlichen Pendeluhren, die ein hübsches Porzellanzifferblatt aufzuweisen
haben, und die allen wohlbekannten Kuckucksuhren aus dem Schwarz-
walde. Jährlich gehen viele hundert Kisten mit Uhren J) aus den stillen
Jährlich werden im Schwarznwld über 2 Millionen Uhren verfertigt. —
Die Uhrenindustrie des Schwarzwaldes reicht mit ihren Anfängen bis in die Zeiten
des 30 jährigen Krieges zurück. Die ersten Uhren — es sind einige Exemplare
erhalten geblieben — waren freilich sehr einfach. Die Stelle des Zifferblattes ver-
trat ein Holzring mit aufgeschriebenen Stunden, die des Gewichts ein angehängter
Stein. Das Triebwerk bestand aus Holz. Eine solche Uhr war nach 12jstuuden
abgelaufen. Zu ihrer Herstellung brauchte man nur einen Zirkel, eine kleine Säge
einige kleine Bohrer und ein Messer.