1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 20
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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unterworfen hatten, konnten die Ordensritter ihre segensvolle Tätigkeit
voll und ganz entfalten. Es wurden Städte angelegt, z. B. Thorn und
Graudenz (Zeigen!), fleißige deutsche Handwerker in diese Städte heran-
gezogen, deutsche Bauern gewonnen, welche die unterworfenen Bewohner
des Landes lehrten, wie man auf dem urbar gemachten Boden Getreide
und nützliche Pflanzen bauen könne; selbst der Weinstock ward hierher
in dieses rauhe Land verpflanzt und gedieh so prächtig, daß der Wein
der Ordensritter damals weit und breit berühmt war. Der Hauptfluß
des Landes, die Weichsel, ward eingedämmt und das an einem Arme
des Flusses, an der Nogat, erbaute Schloß Marienburg so wunderbar
verschönert, daß es heute noch zu den herrlichsten Bauwerken der alt-
deutschen Baukunst gezählt wird. Besonders berühmt ist noch heute die
große Halle des Schlosses, in der sich alltäglich der Hochmeister und
seine höchsten Beamten, sowie die Ordensritter versammelten, um mit-
einander zu verkehren, um gemeinschaftlich zu essen und zu trinken oder
sich am Damenspiel und Schachbrett zu ergötzen. Diese Halle hieß der
Konventremter und gehört zu dem Herrlichsten und Großartigsten, was
von der altdeutschen Baukunst übrig geblieben ist. Es gibt kaum eine
zweite Halle, bei welcher die Säulen und Pfeiler so zierlich und leicht
in die Höhe steigen und sich zu Bogen wölben. *)
Lange Jahre hindurch war der Orden der Deutschherren mächtig
und gefürchtet. Später aber, als die Ritter übermütig und stolz, dabei
verschwenderisch und lasterhaft wurden, sank die Macht des Ordens, und
er mußte sich zuletzt sogar dem Könige von Polen unterwerfen, nachdem
in der blutigen Schlacht bei Tannenberg szeige!) gegen die Polen über
40000 Mann von dem Heere der Ordensritter gefallen waren, darunter
der beste Teil der Ritterschaft. Im sechzehnten Jahrhundert ward Ost-
Preußen ein Herzogtum, welches später — wie uns aus der Geschichte
bekannt ist — der Markgraf von Brandenburg erbte, und das endlich
am 18. Januar 1701 zum Königreich erhoben wurde.
2. Auch die Hohenzollern haben viel für Preußen getan.
Sie haben Sümpfe austrocknen und in fruchtbares Land verwandeln,
haben neue Ortschaften anlegen oder bereits vorhandene durch Mauern
befestigen lassen.
Zusammenfassung:
Ost- und Westpreußen.
Westpreußen, die Weichselprovinz, und Ostpreußen, die Pregelprovinz des
Preußischen Staates, waren noch zur Zeit Kaiser Rotbarts ein unwirtsames Land,
bewohnt von dem wilden, heidnischen Volke der Preußen. Aber durch die Tätig-
i) Für den Lehrer: „Das Heidelberger Schloß ist das rechte Gegenstück
von dem Marienburger: das Heidelberger eine schöne Ruine aus der Renaissance-
zeit mit den Erinnerungen an die alten lebenslustigen Kurfürsten, mit dem Blicke
auf das schöne Neckartal und in die milde, erquickliche Landschaft, die Marienburg
in einer reizlosen, wenn auch fruchtbaren Gegend, ohne südliche Sonne, auf ihrem
Antlitz den strengen Ernst des Ordens, dessen Hauptort sie einst war." (Prof. Sach.)