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1. Das Deutsche Reich - S. 190

1912 - Leipzig : Wunderlich
— 190 - aufhalten. Wir haben ja bis Basel 1500 km zurückzulegen, also eilte Strecke, die ein rüstiger Fußgänger erst in 30 Tagen bewältigt. Königs- berg, die alte Krönungsstadt, zieht an nnseren Blicken vorüber, später Elbing, die aufblühende Fabrik- und Handelsstadt. Stunde um Stunde verinnt. Da ertönt ein Pfiff. Die Bremsen ziehen an. Wir haben endlich ein Viertel des Weges zurückgelegt, „Schneidemühl!" rufen die Schaffner, „Schneidemühl!". Die Türen werden geöffnet und wieder zugeschlagen, Menscheu wogen hin und her; einige Augenblicke vergehen, dann ertönt der Ruf des dieusthabeuden Beamten: „Abfahren!", und weiter geht es in sausender Eile. Gilt es doch, heute noch die Reichs- Hauptstadt zu erreichen. Die Uhr zeigt 7 Uhr. Die Sonne ist untergegangen. Die Lichter im Wagen werden angezündet. Wir suchen den Speisewagen ans und fetzen uns mit Russen, Franzosen, Engländern, kurz, Leuten aus aller Herren Ländern, zu Tische. Wir verstehen ihre Sprache nicht und haben Mühe, uns mit ihnen zu unterhalten, aber über alledem vergeht doch die Zeit. Schon ist es Nacht, bald sitzen wir 12 Stunden im Wagen und noch immer ist Berlin nicht erreicht. Da endlich ist es! Taufende von Lichtern blitzen auf. Wir fahren zwischen endlosen Häuserreihen dahin, und das Lärmen und Stoßen der Wagen sagt uns, daß wir in einen großen Bahnhof einmünden. Da ist er! „Berlin!" ertönt es. Die Türen fliegen auf, alles stürmt ins Freie. Auch wir verlaffen den Wagen und lassen uns fast willenlos in dem Menschenstrome mit forttreiben, der den Ausgängen znflntet. Am Ausgange werfen wir einen Blick auf die hellerleuchtete Uhr: sie zeigt 10 Uhr 45 Minuten. Das halbe Reich liegt hinter uns. Der erste Reisetag ist zu Ende, was wird der nächste bringen? — Ermüdet von der Reise verzichten wir darauf, in später Abendstunde noch einen Spaziergang durch Berlin zu macheu. Wir kennen es ja schon von früher her (Seite 7). Wir begeben uns in ein Hotel, um einige Stunden Nachtruhe zu genießen und uns fo zu stärken zur anstrengenden Weiterfahrt. Früh 8 Uhr steheu wir wieder auf dem Bahnhofe, um mit einem anderen Schnellzuge die Fahrt fortzusetzen. Nuu gilt es, im Fluge Süddeutschland zu erreichen. Bald sitzen wir wieder im Wagen. Wieder trägt uns der Zug wie gestern dnrch eine weite Ebene. Dutzende von Stationen durchbraust er, ohne die geringste Kenntnis von ihnen zu nehmen. Bald liegt Halle (9,50 Uhr) hinter uns, bald auch Weimar (11,06), und wir nähern uns Erfurt, der Blumen- und Lutherstadt. Nun wird die Gegend belebter. Berge scheinen aus der Erde zu wachsen. Das schöne Thüringerland zieht wie im Tranme vorüber. Wie gern möchten wir verweilen, aber wir müssen fort, nnfer Ziel ist noch so weit. Wir grüßen auf Augenblicke Eisenach (12,16) und die alte, herrliche Wartburg und rollen dann weiter, immer weiter nach Süden.
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