1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Tischendorf, Julius
- Auflagennummer (WdK): 20
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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richten konnte, die ihm kein andres Menschenkind nachzumachen ver-
mochte, schlenderte einmal mit mehreren Freunden zur Meßzeit durch
die Straßen Leipzigs. Sie gelangten da auch in die Nähe des Marktes
an Auerbachs Keller, aus dem vier Männer ein großes Faß herauf-
zuschroteu sich abmühten. Aber wie sehr die Knechte auch sich anstrengten,
das Faß in die Höhe zu bringen, es wollte nicht gelingen.
„Sollte man es glauben," lachte Faust zu seinen Begleitern, „wie
ungeschickt die Menschen sich zur Arbeit anstellen! Da plagen sich vier
Kerle, von denen jeder Einzelne einen Kirchturm feilhalten könnte, mit
dem lumpigen Weinfasse, daß ihnen der Schweiß in Strömen von der
Stirn läuft — es ist zum Erbarmen!"
Als die Weiufchröter das Spotten des Fremden hörten, wurden sie
unwillig, und da sie dem „Hansnarren" ziemlich laut ihre Komplimente
an den Kopf warfen, so sammelte sich bald eine große Menschenmenge,
und auch der Herr des Hauses kam und sagte verdrießlich zu Faust!
„Wenn ihr spaßen wollt, so spaßt am passenden Orte; hier sind
Eure Späße nicht angebracht!"
„Bitte, mein Herr," erwiderte Faust, „ich habe keineswegs ge-
scherzt!"
„Nun," sagte der Weinhändler, „seid Ihr etwa im stände, das
Faß aus dem Keller zu bringen? Ich wette das Faß selber, daß Ihr
das nicht könnt!"
„Topp — es gilt!" lachte Faust. Dauu ging er in den Keller,
setzte sich rücklings auf das Faß und kam nach kurzer Weile mit dem-
selben herauf auf die Straße. Da stand der Wirt sprachlos vor Er-
staunen, Faust aber ließ das Faß in die nächste Wirtschaft bringen und
lud alle zu Gaste, die das Wunder mit angesehen hatten. Da wurde
es bald leer.
15. Der Löwe zu Nraun schweig.
Im Dome zu Braunschweig ruhet Sie zogen mit einander
der alte Welfe aus; durch Syriens öden Sand;
Heinrich der Löwe ruhet sie zogen mit einander
nach manchem harten Strauß. nach Braunschweig in das Land.
Es liegt auf Heinrichs Grabe Wo auch der Welfe wandelt,
gleich wie auf einem Schild der Löwe ziehet mit,
ein treuer Totenwächter — zieht mit ihm wie ein Schatten
des Löwen eh'rnes Bild. auf jedem Schritt und Tritt.
Der Löwe könnt' nicht weichen Doch als des Herzogs Auge
von seines Herzogs Seit', in Todesnöten brach,
von ihm, der aus den Krallen der Löwe still und traurig
des Lindwurms ihn befreit. bei seinem Freunde lag.